Kapitel 75


Also, was ist jetzt dein Plan?“, fragte Carlton.

Louison antwortete: „Gibt es einen Plan? Einfach herumlaufen, bis es auftaucht. Wenn wir denken, dass es nicht hier ist, gehen wir woanders hin... äh... Nngh.“

Der junge Herzog stieß mit dem Knie gegen eine Holzkiste. Seine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, aber innerlich war er noch angespannt. Louison versuchte, nach dem Aufprall gegen die Kiste das Gleichgewicht zu halten, stolperte jedoch über ein auf dem Boden liegendes Ruder.

Seufz, hier, halt dich an mir fest.“ Carlton streckte seine Hand aus. Der junge Herzog ergriff sie ohne zu zögern.

So gingen die beiden weiter in dem unteren Rumpf umher. Carlton hielt den jungen Herzog fest, wenn er ins Wanken geriet. Da nur das Plätschern des Wassers zu hören war, versuchte der junge Herzog, seine Sinne zu schärfen, um die Geräusche der Schlange zu hören. Je mehr er dies tat, desto deutlicher spürte er jedoch die Körpertemperatur des anderen und die Beschaffenheit seiner Hand.

Ihr vorheriges Gespräch hatte ihn verunsichert und Louison dazu veranlasst, dem Söldner mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Ihr erster Eindruck von diesem Ort war weitgehend ähnlich wie der von den anderen Bereichen im Rumpf. Es stank nach Schweiß und dem fischigen Geruch von Meerwasser. Das Geräusch des Wassers übertönte alle anderen Geräusche in diesem Bereich. Der Mangel an Licht schuf eine düstere Atmosphäre. Da er jedoch Hand in Hand mit Carlton ging, fühlte sich diese Situation besonders an. Das war etwas, das er nicht gespürt hatte, als er unter dem Mondlicht mit einer schönen Geliebten spazierte und den sanften Klängen einer Aufführung lauschte. Er konnte nicht glauben, dass ein finsterer Raum – in dem ein Monster wohnte, das jeden Moment hervorspringen konnte – so romantisch wirken konnte.

Das ist jetzt nicht der richtige Moment, um so zu denken.

Es war nicht das erste Mal, dass er Hand in Hand mit Carlton ging.

Na ja, war die Situation damals nicht irgendwie romantisch? … Eigentlich nicht wirklich. Außerdem ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um über solche Dinge nachzudenken.

Louison schimpfte sich selbst, aber die Aufregung in seinem Herzen ließ nicht so leicht nach. Er warf einen verstohlenen Blick auf das Gesicht des Söldners. Der hohe, gerade Nasenrücken des Mannes schimmerte im schwachen Licht der Fackel. Seine Stirn war markant. Durchdringende Augen wurden von wilden Augenbrauen überschattet.

Als er sah, wie sein Begleiter vorsichtig die Umgebung musterte, konnte Louison sich wieder beruhigen. Die Wangen des jungen Herzogs färbten sich unwillkürlich rot. Zum Glück war es dunkel, sonst hätte jeder sein rotes Gesicht gesehen.

Die Schlange taucht nicht auf.“ Louison sagte etwas, um sein Herzklopfen zu verbergen. Sie waren schon eine ganze Weile auf der Suche, aber von dem Schlangenmonster war nichts zu sehen.

Ja – sollen wir noch mehr Lärm machen?“

Hm. Ich denke, das sollten wir.“

Möchtest du weiter herumlaufen und dabei meine Hand halten?“ Carlton stand vor ihm und streckte ihm seine Hand entgegen. Dem jungen Herzog fiel es schwer, dem Söldner anzublicken und in die Augen zu schauen. Vielleicht lag es an der seltsamen Atmosphäre, die sich während des Umhergehens zwischen ihnen gebildet hatte, das er sich wie ein Spinner vorkam, weil er so verlegen war. Louison griff nach seiner Hand und versuchte, ruhig zu bleiben. Dann begann er, laut mit den Füßen zu stampfen.

*Bumm Bumm Stampf*

Er war nicht so laut wie er dachte. Das schien ihm nicht genug zu sein und so begann Louison herumzuspringen.

*Bumm. Bumm. Bumm*

Um es noch einmal zu betonen: Louison war schrecklich unkoordiniert und ungelenk. Er war jemand, der diese Tatsache eher verbarg, als daran zu arbeiten und diese Ungeschicklichkeit zu überwinden. Es fühlte sich unangenehm an, sich zu bewegen, weil es schon lange her war, dass er sich körperlich betätigt hatte. Nachdem er auf und ab gesprungen war, war er aus dem Gleichgewicht geraten und wankte.

Ah, Nngh!“ Carlton zog den jungen Herzog an sich und fing Louisons wankenden Körper auf. Dabei berührten sich ihre Körper eng, und Louisons Kapuze fiel herunter, wobei sein Haar zum Vorschein kam. Sobald der junge Herzog wieder zu Sinnen kam, war Carltons Brust das Erste, was er sah. Der Klang von Herzschlägen – ob seine oder die des Söldners – hallte laut in seinen Ohren wider.

Bist du in Ordnung?“, fragte der Söldner.

Äh… äh…“

Carltons Stimme schien tiefer zu sein als sonst. Louison spürte, wie ihm bei dieser tieferen Stimme ein Schauer über den Rücken lief. Als der junge Herzog aufsah, war das Gesicht des Söldners direkt vor ihm. Sie standen so nahe beieinander, dass ihre Nasenspitzen sich fast berührten.

Deine Kapuze ist runtergerutscht.“ Carlton sagte es, strich dann jedoch nur mit der Hand durch Louisons zerzaustes Haar. Der Söldner starrte das Gesicht des jungen Herzogs an, als wäre er besessen. Der junge Herzog konnte sein benommenes Spiegelbild in den Pupillen des Söldners sehen.

Die Schärfe des Söldners war verschwunden, und an ihre Stelle war etwas fast Unbeschreibliches getreten – Leidenschaft? Louisons Wangen röteten sich bei diesem liebevollen, doch feurigen Blick. Der junge Herzog erinnerte sich, dass sein Begleiter ihm einen ähnlichen Blick im Wirtshaus in Mittil zugeworfen hatte. Dieser Blick fühlte sich genauso an wie damals. Er hatte diesen Vorfall vergessen, wegen ihres Streits, aber auch damals war er für einen Moment schockiert gewesen.

Mag er mich?

Es war ein Blick, der hitzige Gedanken hervorrief. Louison fühlte sich in diesem Blick gefangen. Er konnte sich nicht bewegen, solange diese Augen auf ihn gerichtet waren.

Als Louison seinen Blick weder vermied noch die Stirn runzelte, legte Carlton seinen Arm fester um die Taille des jungen Herzogs. Seine große Handfläche ruhte auf dem Rücken des jungen Herzogs, als würde die Hand weiter nach unten streichen. Seine Augen starrten in Louisons Pupillen, bevor sie auf Louisons Lippen blickten. Ein Moment des Zögerns – in seiner Geistesabwesenheit stockte dem Söldner der Atem. Ohne nachzudenken senkte er den Blick und neigte den Kopf zur Seite.

Die Atmosphäre war so geladen, dass es nicht seltsam gewesen wäre, wenn sie sich geküsst hätten.

Wäre da nicht das Schlangenmonster gewesen.

Plötzlich hörten sie ein Zischen und spürten einen Luftzug, der kalt an ihren Ohren vorbeistrich.

Beide schauten auf ihre Füße. Dort war die Schlange mit dem eckigen Kopf und dem schlanken Körper – genau die Schlange, nach der sie die ganze Zeit gesucht hatten. Sie posierte mit weit geöffnetem Maul, als würde sie Louison gleich beißen.

Argh!“ Louison sprang auf Carlton, während er schrie und sich an den Söldner klammerte wie eine Zikade an einen alten, verdorrten Baum. Während er den jungen Herzog festhielt, warf Carlton seinen Dolch nach der Schlange. Angesichts der Situation war das eine überraschend schnelle Reaktion.

Es war jedoch keine normale Schlange, sondern eindeutig ein Monster. Sie neigte ihren Körper auf mysteriöse Weise und verschwand im Handumdrehen, um dem fliegenden Dolch zu entkommen.

Carlton hatte das Monster verfehlt. Louisons Gesicht wurde rot. Erst dann wurde ihm klar, dass er Carlton mit aller Kraft umarmte. Dass er sich an ihn klammerte.

Ehrlich gesagt, es gab keinen Grund, dem anderen erschrocken in die Arme zu springen. Schlangenmonster bissen Menschen normalerweise in die Knöchel, da ihre Köpfe schwerer waren als ihre schlangenartigen Körper. Um dem entgegenzuwirken, trug der junge Herzog knöchelhohe Stiefel aus robustem Leder. Er hatte sogar darauf geachtet, das Leder sicherheitshalber mit Holzbrettern und Stoff zu bedecken. Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, die Schlange beißen zu lassen. Wenn ihre Zähne im Holz steckengeblieben wären, hätte die Schlange sich nicht so schnell befreien können.

Dieser Verlauf der Ereignisse war überhaupt nicht romantisch. Es war genug, um die aufgeheizte Atmosphäre zwischen ihnen zu vertreiben. Verlegen senkte Louison den Kopf. „Ähm … Du kannst mich runter lassen …“

Carlton stellte den jungen Herzog auf den Boden. Louison entfernte sich rasch von dem Söldner.

Ah…Entschuldigung. Ich war einfach zu überrascht“, murmelte der junge Herzog.

Ist gut. Ich war auch abgelenkt…“ Auch der Söldner vermied den Blickkontakt.

Aber jetzt haben wir bestätigt, dass es sich auf diesem Deck befindet und dass unsere Provokation wirken wird. Es ist nur eine Frage der Zeit.“

„…Dann sollen wir nochmal herumgehen? Ich denke, springen ist ein bisschen schwierig.“

Diesmal werde ich mit den Füßen stampfen.“

Na gut…“, nickte Louison.

Die beiden gingen erneut durch den Raum und konzentrierten sich auf ihre Umgebung. So aufgeheizt die Atmosphäre zuvor auch gewesen war, breitete sich nun eine kühle, unangenehme Stille zwischen ihnen aus.

Es wäre weniger unangenehm gewesen, wenn wir uns geküsst hätten. Nein, das stimmt eigentlich nicht. Ich hätte einfach wie ein normaler Mensch hinfallen sollen. Was habe ich mir dabei gedacht?

Es fühlte sich an, als wäre er verhext worden – War er von Carlton verhext worden?

Ich? Der Herzog von Anness, der alle Blumen der Hauptstadt berührt hat? Von einem Söldner, der als Schlächter bezeichnet wird? Nein. Das kann nicht sein.

Louison schüttelte den Kopf.

*Rumms*

Sein Knie stieß gegen etwas, das herumlag – er hatte keine Ahnung, was es war.

Ngh.“

Nghh.“

Diesmal schien er gegen ein hölzernes Wasserfass gelaufen zu sein. Warum waren hier so viele Dinge? Louison wurde ärgerlich und versuchte, sich durchzukämpfen, aber ihm kam etwas in den Sinn.

Moment … Habe ich gerade ein zweites Stöhnen gehört?

Sobald ihm die Frage durch den Kopf ging, trat Louison gegen das Wasserfass. Carlton trat gegen jemanden, der sich hinter dem Fass versteckt hatte, und gleichzeitig stellte sich der Söldner vor den jungen Herzog und beschützte ihn. Das alles geschah so plötzlich, dass Louison nicht wusste, was er tun sollte.

Argh!“ Es war ein Mann, der sich hinter dem Wasserfass versteckt hatte. Nach dem Schlag des Söldners war er weit weg geschleudert worden und nun versuchte er, sich nicht zu übergeben.

Zuerst konnte Louison aufgrund der Dunkelheit nicht erkennen, um wen es sich handelte, aber bei näherem Hinsehen erkannte er das Gesicht des Mannes. „Cullen?“

Cullen zuckte keuchend zusammen, als er seinen Namen hörte. „Ich bin nicht Cullen.“

Der Mann hatte seine Stimme gewaltsam gesenkt, doch niemand glaubte ihm. Auch Cullen musste das für eine ziemlich lahme Ausrede gehalten haben, denn er drehte leicht den Kopf weg.

Als sich seine Augen kurz mit denen des jungen Herzogs trafen, erschauerte er und wich dessen Blick aus.

Was macht Ihr hier?“, fragte Louison.

Ich hatte einfach nur … einfach nur Klaustrophobie. Also bin ich rausgegangen“, murmelte Cullen als Antwort.

Wenn er sich eingeengt und frustriert fühlte, dann hätte er auf dem Deck herumlaufen sollen. Warum sollte er in die Ruderkammer gehen? Warum versteckte er sich vor Louison und Carlton? Von Kopf bis Fuß war dieser Mann verdächtig.

Cullen. Warum seid Ihr hier? Was ist mit den Mitgliedern der Karawane?“

„……“

Bitte sagt etwas.“

„……“ Cullens Mund war fest zusammengepresst. Dann sprang er plötzlich auf und versuchte zu fliehen. Schreiend und zappelnd war der Schwung des Mannes wirksam, aber Carlton brachte ihn einfach zu Fall. Dann drückte der Söldner mit dem Fuß auf Cullens Rücken.

L-Lass mich los! Ich sagte, lass mich los!“ Cullen wehrte sich mit seinem ganzen Körper. Doch er konnte den Fuß des Söldners keinen Zentimeter bewegen.

Gelassen sah der Söldner zu dem jungen Herzog hinüber. „Dieser Kerl reagiert nicht auf freundliche Worte. Aber keine Sorge. Mit nur einer Berührung von mir werde ich ihn dazu bringen, zu verraten, wie viele Untergewänder sein Großvater besitzt.“

Mm… also… sei nicht zu grob.“ Louison wusste, dass eine körperliche Befragung unvermeidlich war, besonders wenn Cullen ihre ersten, sanften Fragen nicht beantworten wollte. Wenn er nicht versucht hätte zu fliehen, hätte der junge Herzog ihn nicht dazu gezwungen, sich mit Carlton auseinanderzusetzen.

Carlton wirbelte Cullen herum wie eine Stoffpuppe und stieß ihn in ein quadratisches Loch, das für das Ruder vorgesehen war. Louison drehte sich um, hielt sich die Ohren zu und sang irgendetwas Beliebiges. Währenddessen hallten Cullens Schreie durch den Raum.

Nach einer Weile tippte Carlton dem jungen Herzog auf die Schulter. Louison drehte sich um und sah einen absolut begeisterten Söldner und einen durchnässten Cullen. Der arme Handlanger saß auf seinen Knien und sah aus, als hätte seine Seele seinen Körper verlassen.

Dieser Kerl ist böser, als er scheint.“

Was?“

Carlton sagte daraufhin etwas wirklich Überraschendes.





4 Kommentare:

  1. Wie ich dieses Schlangenmonster am liebsten packen würde und an die Wand klatschen. Es musste natürlich dann auftauchen, als die Stimmung zwischen den beiden seeehr interessant wurde. Wenn auch Louison seine Reaktion recht amüsant war. Nur leider hat sich ihre Stimmung verändert. Aber ihnen sollte doch nun klar sein, das da was zwischen ihnen ist. Aber das muss wohl leider warten, den Cullen hat sich mit reingeschlichen und ich bin gespannt was Carlton rausbekommen hat.

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  2. Oh je, auf die Überraschung bin ich ja gespannt! Ist etwa Cullen das Monster in menschlicher Gestalt oder nur der Handlanger des Monsters?

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  3. oh nein diese schöne romantische stimmung und der fast kuss ist futsch nur weil dieses blöde monster auftauchen musste. jetzt ist die stmmung natürlich hinüber. ok was macht cullen da und so wie es ausschaut war er vor ihnen hier. guter ansatz könnte er die schlange sein nur das er sich verwandeln kann oder arbeitet er mit der schlange zusammen. jetzt möchte ich gerne wissen was carl herraus gefunden hat.

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