Das Gefühl der Gefahr siegte über seinen Stolz. Sobald sie in ihre Kajüte zurückgekehrt waren, sagte Carlton ein wenig einschüchternd: „Es tut mir leid.“
Louison blinzelte verwirrt. Er war nicht sauer?, wunderte sich Louison.
„Warum die plötzliche Entschuldigung?“
„Mein Herzog, du warst wütend, weil ich deinen Wohltäter einen Betrüger genannt habe.“
„Zuerst schon, aber…“
„Du hast mich ignoriert.“
„Tat ich das?“
„Auf dem Deck.“
„Das liegt daran, dass du zuerst wütend warst, oder? Wenn du nicht wütend warst, warum hast du mich dann in Morrisons Kajüte so angestarrt? Du hast sogar den Stuhl ignoriert, den ich für dich hingestellt habe.“
„…Ist dieser Kerl, Morrison, nicht ein bisschen seltsam?“ Carlton konnte nicht sagen, dass er eifersüchtig war, also drehte er das Thema um. Außerdem waren seine Worte nicht ohne Berechtigung. Dieser Mann war in vielerlei Hinsicht seltsam.
Louison stimmte zu und nickte: „Ein bisschen.“
Abgesehen von seiner Dankbarkeit gegenüber Morrison war dem jungen Herzog klar geworden, dass der Händler etwas seltsam war.
Also, Carlton ist verärgert, weil Morrison unsere Beziehung immer wieder missverstanden hat!, redete er sich ein. Natürlich gefällt ihm das nicht.
„Auf jeden Fall entschuldige ich mich. Meine Worte waren zu hart. Natürlich würdest du wütend werden, wenn ich jemanden beleidigen würde, den du bewunderst.“
„Schon gut, es tut mir leid, dass ich dich im Wirtshaus angeschrien habe. Eigentlich war ich nur in diesem Moment wütend, von meiner Wut war danach nichts mehr zu spüren.“
Tatsächlich war Louison eher melancholisch als wütend, nachdem der Söldner den einarmigen Pilger einen Betrüger genannt hatte. Es war kindisch – er wollte unbedingt, dass der andere die Person, die er bewunderte, ebenfalls respektierte.
„Lass uns Frieden schließen.“ Louison streckte die Hand aus. Ist das der richtige Weg?
Carlton ergriff ohne zu zögern die Hand des jungen Herzogs. Louison ahmte etwas nach, das er irgendwo gesehen hatte, indem er ihn umarmte und auf den Rücken klopfte.
Gut. Das war eine ausgezeichnete Versöhnung. Ich schätze, Probleme lassen sich auch lösen, ohne dass einer vor dem anderen knien muss, oder? Louison war unglaublich stolz, etwas Neues gelernt zu haben.
„Wenn ich es mir recht überlege, hast du tatsächlich Grund, misstrauisch zu sein. Ich bekam auch einige Zweifel, als ich deinen Pilgerpass sah. Ich fragte mich, ob er wirklich ein echter Pilger war.“
Carlton konnte nicht der einzige auf der Welt gewesen sein, der unrechtmäßig an einen Pilgerpass gelangt war. In der chaotischen Situation des Königreichs in der vorherigen Zeitlinie wäre es einfacher gewesen, sich als Pilger auszugeben.
Da sich im Kopf des jungen Herzogs bereits Zweifel breitgemacht hatten, hatten die Worte des Söldners eine größere Wirkung gehabt. Louison sagte: „Eigentlich ist es egal, ob er ein echter Pilger ist oder nicht. Ob er ein Betrüger ist oder nicht.“
„Es ist egal, ob er ein Betrüger ist?“ Carlton war verblüfft.
„Er hat mich vor dem Tod gerettet und mir durch seine Lehren die Augen für die weite Welt geöffnet. Die Tatsache, dass er mein Wohltäter und Retter ist, ändert nichts.“
Worte kann man jederzeit formen. Doch es ist schwer, ein konstantes Verhalten aufrechtzuerhalten.
„Er hat sogar an stürmischen Tagen Medizin für mich besorgt. Im Winter hat er mir den Platz vor der Feuerstelle überlassen. Er gab mir immer die Hälfte seines Essens, wenn wir etwas zum Essen gefunden hatten. Ich werde an seinen Taten festhalten. Insofern ist er jemand, den ich mag, also beleidige ihn bitte nicht vor mir. Verstanden?“
Wer auch immer der einarmige Pilger war, er war für immer Louisons Heiliger. Egal, was jemand anderes darüber dachte. „Nochmal, er ist jemand den ich mag, also keine weiteren Beleidigungen!“
„Ja…“
„Lass uns jetzt schlafen. Ich bin müde.“ Louison schlüpfte aus seinem Gewand und stürzte sich in seine Koje.
Carlton stand eine Weile sprachlos da. Wen mag der junge Herzog? Er spürte eine Kälte in seiner Brust, als hätte ihn die kalte Flussbrise umhüllt. Sie hatten sich beieinander entschuldigt und versöhnt. Trotzdem verspürte er ein starkes, anhaltendes Gefühl der Niederlage.
Die Nacht verging und das Morgenlicht kam. Louison erwachte etwas spät und rieb sich die Augen. Zuerst wollte er sich beeilen, bevor ihm klar wurde, dass er sich in seiner Koje ausstrecken und faulenzen konnte. Es war herrlich, sich fortzubewegen, ohne laufen zu müssen.
Louison rollte sich in die Decken, bevor er Carlton entdeckte. Dieser saß auf der Kante seiner Koje und schaute gedankenverloren.
„Was ist mit dir? Hast du überhaupt geschlafen?“, fragte der junge Herzog.
„Ja“, antwortete Carlton geistesabwesend.
Das Schiff segelte friedlich. Die Leute an Bord waren Händler wie Morrison oder von ihnen angeheuerte Söldner. Louison nahm seinen geistesabwesenden Begleiter mit in die Messe und aß – wie erwartet war das Essen ziemlich geschmacklos.
Nach dem Essen schlenderten sie auf Deck umher, machten sich dann auf den Weg zum Frachtraum, um Morrisons Ladung zu kontrollieren, während der Händler und seine Mannschaft in der Nähe ausgelassen Karten spielten.
Obwohl der junge Herzog dachte, die Fahrt würde langweilig werden, war die Schiffsfahrt eigentlich ziemlich angenehm. Da die Passagiere größtenteils aus erfahrenen Händlern bestanden, war niemand besonders selbstgefällig oder gewalttätig. Die meisten von ihnen verbrachten die Zeit ruhig in ihren eigenen Gruppen.
Die Zeit verging wie im Flug. Louison liebte diese entspannte Stimmung.
Da sie sich mitten auf dem Fluss befanden, verschwand die Angst, dass jemand auftauchen und ihn von hinten angreifen könnte. Sie würden drei Tage lang friedlich dahingleiten. Darauf freute er sich.
Diese Erwartungen wurden jedoch viel zu früh zunichte gemacht.
Es war Zeit zum Abendessen und die Passagiere gingen in die Messe. Louison bemerkte gegenüber seinen Begleitern, dass das Essen an Bord enttäuschend sei und wie bedauerlich es war, dass seine Mahlzeit im berühmten Wirtshaus in Mittil so abrupt beendet worden war.
In diesem Moment stolperte jemand in die Messe. Seine langsamen und unsicheren Schritte – wie die einer Person, die unter Muskelschmerzen leidet – erregten die Aufmerksamkeit aller. Der Eingang war völlig versperrt.
„Hey du! Mach schnell Platz!“ Ein Söldner, der darauf wartete, die Messe zu betreten, wurde ungeduldig und schlug dem Mann leicht auf den Rücken. Doch der Mann fiel mit einem dumpfen Geräusch nach vorne. „W-Was?!“
Der am Boden liegende Mann stand nicht wieder auf. Der Söldner sah ihn verwirrt an und rief: „Dieser Mann ist tot!“
„Was? Was sagst du da?“ Die Leute in der Messe wurden neugierig. Eine Gruppe Söldner kam näher. Zuerst dachten alle, der schreiende Mann würde Unsinn reden, denn der Gefallene stand wieder auf. Erst jetzt konnten die Anwesenden deutlich erkennen, das sein Hals komplett umgedreht war.
Es war eine Leiche.
Eine Leiche bewegte sich.
„Argh! Aaaaaaackkk!“ Die kräftigen, fast berggroßen Söldner schrien, als ob sie ohnmächtig werden würden.
Im Handumdrehen sprang Carlton über den Tisch, schlang seinen Arm um Louisons Schulter und zog sein Schwert. In der Messe herrschte ein einziges Chaos.
„Groooannn.“ Der wandelnde Leichnam war unglaublich langsam.
Er wankte nur umher und versuchte nicht wirklich, die Anwesenden zu bedrohen. Kurz darauf brachten die Söldner, wieder bei Verstand, die Leiche in eine entfernte Ecke.
„Was ist das?“
„Häh? Der da – ist das nicht einer aus der Allos-Karawane?“ Jemand hatte die Leiche erkannt.
Gleichzeitig bemerkte Louison endlich die sich bewegende Leiche. „Ist das nicht ein Ghul?“
„Ein Ghul? So wie in den Geschichten?“
Diese waren angeblich Seelen, die nach einem ungerechten Tod gelitten hatten – der Körper begann sich zu bewegen, als wäre er lebendig. Solch ein Wesen wurde Ghul genannt. Da der Körper einst ein Lebewesen war, war die öffentliche Meinung gespalten, ob ein Ghul als Monster angesehen werden sollte. Man war sich auch über ihren Ursprung uneinig – spontane Entstehung? Naturphänomen? Evolution? Fluch? Epidemie? Selbst in der Zukunft wurde nichts bestätigt.
Louison war der Meinung, dass es sich um einen Fluch oder eine Epidemie handelte, und unterstützte nicht die Theorie einer natürlichen Entstehung oder der Nachwirkungen einer ungerecht behandelten Seele. Wenn alle Menschen, denen Unrecht getan wurde, zu Ghulen wurden, sollte dann nicht jeder im Herzogtum zu einem Ghul werden und den jungen Herzog verfolgen?
Jedenfalls waren Ghule keine bedrohlichen Monster. Es war grausig, wandelnde Leichen zu sehen, aber diese Wesen waren zu langsam und schwach, um richtig anzugreifen.
„Gibt es da nicht viele im Norden? Speziell in den nördlichen Regionen?“ In der vorherigen Zeitlinie, während Louison als Bettler gelebt hatte, hatte er viele Ghule gesehen. Es war nicht üblich, aber auch nicht ungewöhnlich.
„Wovon redest du? Wenn diese Dinger üblich wären, hätten nicht die Adligen die Macht über das Königreich, sondern die Priester.“
„Wirklich?“
Carlton war schockiert über Louisons ruhige Lässigkeit. War diese Person schon immer so dreist? Während die beiden redeten, gelang es den Söldnern, die Hände und Füße des Ghuls zu fesseln. In dem Moment stürzte jemand aus der Allos-Karawane herein. „D-Das… Wie konnte das…“
„Hey du! Was zur Hölle ist passiert?!“
„Wer ist der Anführer eurer Karawane? Er soll herkommen und das erklären!“
Die Umstehenden begannen den Mann zu beschimpfen.
Der Mann zögerte einen Moment, schloss die Augen und erklärte alles, was geschehen war.
Der Ghul war ein Diener der Allos-Karawane, der am Morgen gestorben war. Letzte Nacht, nach dem Auslaufen des Schiffes, war der Mann mit hohem Fieber zusammengebrochen. Zu der Zeit litt die Karawane unter der Enteritis-Pandemie, die Mittil heimgesucht hatte.
Doch entgegen ihren Erwartungen war es keine Enteritis, und der Zustand des Mannes hatte sich weiter verschlechtert, bis er schließlich bei Morgengrauen gestorben war.
„Ehrlich gesagt, hätten wir das Schiff dann umdrehen sollen! Warum habt ihr das verheimlicht?!“
„Das ist… Wir würden einen großen Verlust erleiden, wenn das Schiff umgekehrt wäre…“
Wenn das Schiff wegen der Allos-Karawane in den Hafen zurückkehrte, musste die Karawane die Verantwortung für alle Händler und Söldner an Bord übernehmen. Sie hatten bereits viel Geld bei ihrem Vorhaben im Süden verloren – sie hatten die Situation verschwiegen, weil sie nicht noch mehr Verluste erleiden wollten.
„Wo ist euer Anführer? Wir stecken bereits in einer Krise – was tut er gerade?“
„Auch unser Anführer hat hohes Fieber.“
„Was?“
„Alle Leute aus unserer Karawane sind zusammengebrochen.“
„Wartet mal. Heißt das, es ist eine ansteckende Krankheit?“
Eine ansteckende Krankheit. Bei diesen Worten flohen alle vor dem Mann aus der Allos-Karawane und dem Ghul. Im Nu war die Messe von Angst und Furcht erfüllt.
Die Menschen auf dem Schiff teilten das gleiche Schicksal, bevor sie an ihrem Ziel ankamen. Alle aßen das gleiche Essen, tranken das gleiche Wasser und verbrachten die Zeit im selben Raum. Das bedeutete, dass in dieser Situation niemand der Ausbreitung der Krankheit entkommen konnte.
Die Nachricht von der Epidemie verbreitete sich schnell. Sie befanden sich mitten auf dem großen Fluss, also konnte niemand das Schiff verlassen. Das angenehme und bequeme Schiff – das schwimmende Schlafzimmer, das sanft durch die Flussströmungen glitt – wurde schnell zu einem fahrenden Gefängnis.
Auch wenn sie sich wieder versöhnt haben und Carlton sich entschuldigt, braucht es noch etwas, bis sie wieder so sind, wie vor dem Streit. Aber ehe das passieren kann, taucht ein Ghoul auf und etwas sehr schlimmes auf dem Schiff. Wenn sowas ausbricht und dazu noch ansteckend... da hat kaum einer eine Chance davon zu kommen. Nur welche die Glück haben und zurück können sie nun auch nicht. Jetzt bin ich sehr gespannt, wie es da weiter gehen wird. O.o
AntwortenLöschenendlich haben sie sich wieder versöhnt. ein wenig knabbert carl noch dran aber hoffendlich übersteht er das. jetzt auch noch sowas . er könnte sich entspannen und dann passiert das. jetzt sind sie alle in gefahr man weis nicht wer dann noch fieber bekommt oder weer stirbt. hoffendlich passiert ihnen nichts.
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