Es war kein gewöhnlicher Tausendfüßler. Zunächst einmal war er gigantisch. Es schien, als wäre er so groß wie die Baumstämme neben ihm. Sein fester, segmentierter Körper schimmerte ölig glänzend. Die schier unendliche Menge von Beinen an seinem Körper waren rot und scharf wie Klingen.
Louison war in der Vergangenheit, als adliger Nichtsnutz, durch das Königreich gestreift und hatte viele Dinge gesehen, die ihm zuvor fremd gewesen waren. Aber das war das erste Mal, dass er einen so großen Tausendfüßler sah. Es tat schon weh, wenn man von einem normalen Tausendfüßler gebissen wurde, aber in dem Moment, in dem dieser Tausendfüßler jemanden beißen würde, würde er den Körper wahrscheinlich in zwei Hälften spalten. Dieser Gedanke war so erschreckend und grausam, dass der junge Herzog unwillkürlich zitterte.
„Ist das ein Insekt? Oder ein Monster?“
Im Gegensatz zu seinem kleineren Gegenstück hatte der Gegner vor ihnen Dutzende perlenartiger Augen im Gesicht. Sie bewegten sich hierhin und dorthin, während er Carlton und Louison musterte. Der junge Herzog hatte noch nie von einem Tausendfüßler mit Dutzenden von Augen gehört.
„Wie erwartet ist es ein Monster, oder?“
Der Tausendfüßler machte kratzende Geräusche, als er einen Baum hinaufkroch. Sein langer Körper wand sich um den Stamm. Seine zahlreichen Beine klapperten, als er die Rinde hinaufstieg. Entgegen der Erwartungen, die seine Größe vielleicht geweckt hätte, war er unglaublich schnell. Im Handumdrehen hatte der Tausendfüßler das Blätterdach erreicht und schoss durch die Luft in Richtung Louison.
„Aaaaagh!“, schrie Louison.
Das Ding musste es also doch auf den jungen Herzog abgesehen haben! Vielleicht zielte es zuerst auf das schwächste Mitglied der Gruppe. Wäre Louison allein gewesen, wäre er wahrscheinlich bei diesem Angriff getötet worden. Doch er hatte Zephys – das Pferd wich erneut schnell dem Angriff des Tausendfüßlers aus.
*Rumps!*
Der Tausendfüßler konnte die Wucht seines Fluges nicht kontrollieren und stürzte bald zu Boden. Ein normales Tier hätte sich den Schädel gebrochen, aber …
U-Urgh… Igitt… ich habe Angst… es ist so ekelhaft…
…Der Tausendfüßler kletterte schnell wieder den Baum hinauf – und kratzte dabei erneut an der Rinde. Doch diesmal war Carlton schneller. Er sprang auf das Insekt zu und schwang sein Schwert. Augenblicklich wurden ihm einige Vorderbeine abgehackt.
*Kyaaaaaaak!*
Der Tausendfüßler kreischte. Dutzende seiner Beine breiteten sich gleichzeitig aus. Er begann seinen Rumpf seltsam zu verdrehen. Aus den abgetrennten Stellen begann eine dicke Körperflüssigkeit zu tropfen.
Der Tausendfüßler begann vor Schmerzen wild mit seinem Schwanz um sich zu schlagen und fällte dabei die umliegenden Bäume. Carlton schützte Louison und wartete auf eine Lücke in seinen zufälligen Angriffen. Währenddessen trug Zephys den jungen Herzog in eine sichere Entfernung, damit er nicht in den Kampf verwickelt wurde.
Nun, um einige Beine erleichtert, änderte der Tausendfüßler sein Ziel und wandte sich Carlton zu.
Der Söldner und das Insekt tauschten einige Schläge aus. Das Insekt bewegte seine vielen Beine präzise und schnell. Es schwang seine Vorderfüße und seinen Schwanz fast instinktiv. Außerdem versuchte es, seinen Kopf auszustrecken und aus großer Höhe herabzustoßen, um den Söldner mit seinen Zangen zu durchbohren.
Angriffe – starke, mächtige Angriffe – flogen von allen Seiten. Bei jedem Fehlschlag wurde der Boden aufgewühlt und Bäume zerschmettert. Als die Vorderbeine des Tausendfüßlers Carltons Schwert trafen, ertönte das Geräusch von Metall auf Metall. Ein leichter Hieb der Klinge konnte den Panzer des Insekts nicht beschädigen.
Louison beobachtete Carlton nervös. Er wusste, dass sein Gefährte stark war, aber der Gegner war ein noch nie dagewesenes Monster.
Jedoch war Carlton ein noch größeres Monster. Er schlug die Angriffe seines Gegners mühelos zurück. Egal, wie schnell sich der Tausendfüßler bewegte – egal, wie viele Angriffe er aus verschiedenen Winkeln abfeuerte – Carlton ließ sich von keinem einzigen Angriff treffen. Er ließ sich überhaupt nicht zurückdrängen.
Der Söldner ließ sich nicht von der harten Panzerung des Tausendfüßlers beeindrucken. Ruhig beobachtete er seinen Gegner und schnitt nach und nach jedes seiner Beine ab. Jedes Mal, wenn ein Bein abgetrennt wurde, wand sich der Tausendfüßler und enthüllte seinen weißen Bauch.
W-Whoa. Was für ein Kampf.
Da der stets treue Zephys seine entfernte Position nicht verließ, konnte Louison sich entspannen und den Kampf beobachten.
Der Tausendfüßler änderte seine Strategie, als die Situation immer ungünstiger wurde. Er zischte, drehte sich um und versuchte, sich in den Boden zu graben, um zu entkommen. Doch Carlton hatte nicht die Absicht, ihn jetzt gehen zu lassen. Er durchbohrte den Schwanz des Insekts mit seiner Klinge.
*Kyaaagh*
Der Schrei des Tausendfüßlers hallte durch die Luft und zerriss den Himmel. Selbst aus großer Entfernung klang er so schrecklich, dass Louison einen Moment lang Angst bekam. Der lange Körper des Monsters zuckte wild auf und ab und donnerte auf den Boden.
Unbeeindruckt von seinem Zucken trat Carlton das Monster und drückte seinen Kopf nieder. Dann stieß er ohne zu zögern sein Schwert zwischen dessen Augen.
*Knirsch*
Es klang, als würde der Kopf des Monsters zerquetscht werden.
Die verbleibenden – immer noch zahlreichen – Beine zitterten und zuckten. Kurz darauf hörte der Tausendfüßler auf, sich zu winden, und seine Fühler sanken zu Boden.
„Ist es tot?“, fragte Louison.
„Warte einen Moment.“ Carlton vergaß nicht, sicherzustellen, dass er seinen Gegner vollständig getötet hatte. Er ließ Louison erst zurückkehren, nachdem er den Kopf des Tausendfüßlers vollständig in zwei Hälften gespalten und beide Teile weggetreten hatte.
„Ugh… Aus der Nähe ist es noch grausamer. Warum ist so etwas hier? Ist dieser Tausendfüßler ein Monster?“
„Das kann unmöglich ein gewöhnlicher Tausendfüßler sein. Nicht bei dieser Größe und Stärke.“
„Richtig.“ Louison betrachtete seinen Rumpf. Der Körper des Tausendfüßlers, der sich umgedreht hatte und seinen weißen Bauch enthüllte, war auf eine andere Art ekliger als bei seinen heftigen Bewegungen. Der Anblick von Dutzenden seiner schlaffen Beine ließ seine Haut jucken.
„Igitt“, stöhnte Louison, „Aus der Nähe ist es noch widerlicher.“
Carlton klopfte Louison auf die Schulter.
Louison und Carlton beschlossen, eine Pause einzulegen, während sie den Körper des Tausendfüßlers betrachteten.
Während Carlton das Feuer entfachte, saß Louison daneben. „Wie weit sind wir gereist?“, fragte der junge Herzog und riss Stücke von dem Brot ab, das er aus Confosse mitgebracht hatte.
Carlton blickte in den Himmel – die Sonne stand hoch.
„Da wir etwa einen halben Tag unterwegs sind, sollten wir fast da sein. Ohne den Tausendfüßler wären wir vielleicht schon im Dorf angekommen.“
Während er Wasser aus einem Lederschlauch trank, dachte Louison laut: „Liegt es an diesem Tausendfüßler, das der Kontakt zum Dorf des Wachhauptmanns abgebrochen ist?“
Der Wachhauptmann hatte mehrere Male eine Nachricht geschickt, aber keine Antwort erhalten.
„Sie sind wahrscheinlich denselben Weg gegangen wie wir, also wären die Boten ebenfalls vom Tausendfüßler angegriffen worden. Wenn sie Glück hatten, konnten sie vielleicht entkommen, hoffe ich“, antwortete Carlton.
Der Tausendfüßler war ein beachtlicher Gegner, selbst für den Söldner. Ein normaler Mensch würde keinen ordentlichen Kampf führen können und einfach seine Beute werden. Die Boten waren wahrscheinlich gefressen worden.
„Wer weiß. Es ist ziemlich weit von der Stadt entfernt, aber …“, brach Carlton ab. Die Lage war nicht sehr vielversprechend.
„Woher könnte dieser Tausendfüßler gekommen sein?“
„Hm? Wurde er nicht hier geboren?“
„Es muss von irgendwoher eingewandert sein. Im Süden gibt es ursprünglich keine so riesigen Monster wie dieses.“
„Wirklich?“
Söldner wurden oft gerufen, um gegen Monster zu kämpfen. Carlton war mit Monstern vertraut. Im südlichen Teil des Königreichs gab es wenig Söldnertätigkeit. Im Vergleich zu anderen Regionen gab es hier weniger Kämpfe, da die Ländereien reicher waren und mehr verwaltet wurden. Entscheidend war jedoch, dass es keine riesigen Monster gab, die nicht durch individuelle Kraft bezwungen werden konnten.
„So einen Tausendfüßler habe ich noch nie gesehen, aber Ameisen und Spinnen dieser Größe kenne ich. Ihr Lebensraum liegt normalerweise nordwestlich von hier“, sagte der Söldner.
„Sind sie dann von dort heruntergekommen? Allerdings ist da ein Fluss im Weg – können Monster den überqueren?“
„Wenn ein Monster dieser Größe den Fluss überquert hätte, wäre es aufgefallen.“
„Wer weiß. Die Welt ist in letzter Zeit chaotisch geworden.“
Egal, wohin man ging, der Krieg war ein großes Problem. Armeen zogen weiter, Flüchtlinge flohen nach Süden – die Bevölkerung bewegte sich chaotisch. In all dem gab es ein paar Menschen, die Unruhen stiften wollten. Das normale System war zusammengebrochen und seltsame Dinge hatten sich in diesen Rissen ausgebreitet.
Louison aß sein Brot auf. Carlton wollte gerade den Körper des Tausendfüßlers anzünden, als plötzlich ein paar Männer mittleren Alters aus dem Wald auftauchten.
Anders als bei dem Tausendfüßler betrachteten Carlton und Zephys sie ruhig. Sie trugen gewöhnliche Bauernkleidung. Außerdem sahen sie aus, wie verängstigte, in die Enge getriebene Ratten. Selbst dem jungen Herzog erschienen sie nicht wie Menschen, vor denen er auf der Hut sein musste.
Schnell bemerkten sie den Tausendfüßler und erschraken maßlos.
„Aargh! Monster! Es ist ein Monster!“
„Rette uns!“
Erschrocken versuchten sie zu fliehen, bevor sie merkten, dass der Tausendfüßler still auf den Rücken gedreht lag. Sie fassten sich an den Händen und beobachteten ihn äußerst vorsichtig.
„W-Was? Du hast ihn getötet?“
„Es ist tot? Das Monster?“
Carlton trat vor. Die drei Männer bemerkten den Söldner und wichen erneut erschrocken zurück.
„Zu wessen Familie gehört ihr?“, fragte Carlton.
„W-wer seid ihr?“
„Ich habe zuerst gefragt“, erwiderte Carlton schroff.
Die Leute ließen ihre Blicke abwechselnd zwischen dem Tausendfüßler und dem Söldner hin und her wandern, bevor sie antworteten: „Was … ist mit diesem Monster passiert?“
„Ich habe es getötet. Also, zu welcher Familie gehört ihr?“ Carlton war verärgert.
Obwohl der Anblick eines verärgerten Söldners äußerst beängstigend war, hatten diese Leute möglicherweise vor Angst den Verstand verloren. Sie jubelten aus der Ferne: „Er hat es getötet! Dieser Mann hat es getötet!“
„Aigoo! Er hat es getötet? Wirklich, danke – vielen Dank!“
Sie verbeugten sich und schüttelten Carltons Hand. Louison konnte nicht sagen, ob sie vor Angst unter Schock standen oder nicht. Carlton war fassungslos.
Der junge Herzog trat vor und musste angesichts Carltons verblüfftem Gesichtsausdruck sein Lachen unterdrücken.
„Was ist los? Wer seid ihr?“
Auf Louisons ruhige Frage kam einer aus der Gruppe endlich wieder zur Besinnung. „Wir sind Leute aus dem Dorf – direkt neben dem großen Felsen dort vorne. Wir haben das Kreischen des Tausendfüßlers gehört und sind hergekommen, um zu sehen, was passiert ist … Wir hatten nicht erwartet, dass er tot ist!“
Die Menschen lebten in dem Heimatdorf des Wachhauptmanns – Louisons und Carltons Ziel.
„Das Dorf neben dem großen Felsen? Wir sind auch auf dem Weg dorthin. Wir sind im Auftrag des Wachhauptmanns aus Confosse hier“, sagte Louison.
„Oh! Der Wachhauptmann? Er ist aus unserem Dorf – Ihr seid hier richtig.“ Die Dorfbewohner waren bestrebt, Louison und Carlton zu ihrem Zuhause zu führen. Das Dorf war ziemlich weit entfernt und auf dem Weg dorthin konnte Louison weitere Einzelheiten über ihre Situation erfahren.
Info
- Zu wessen Familie gehört ihr?: Im Original heißt es korrekt übersetzt: „Wer sind Eure Schwiegereltern?“ Carlton erfragt so indirekt, ob sie mit dem Wachhauptmann verwandt sein könnten.
- Aigoo ist ein Koreanischer Ausrufezeichen-Ausdruck wie „Oh!“, „Oh je!“, „Oh mein Gott!“
Das war jetzt mehr als eklig mit dem Tausendfüßler o.O Wenigstens hat Carlton es ums Eck gebracht und sogleich tauchen auch schon die Dorfbewohner auf. Da sie sich darüber freuen, das der Tausendfüßler nicht mehr ist, ist verständlich.
AntwortenLöschenWenigstens ein Monster weniger dank Carlton und unser kleiner Herzog dank Zephys zum Glück unverletzt
AntwortenLöschenWie gut das Zephys Louison aus dem Kampf raushalten konnte. Dadurch wurde Carlton wenigsten nicht abgelenkt und konnte nochmal den Helden vor seinem allerliebsten spielen.
AntwortenLöschencarl hat das vieh erledigt. gut das so nichts passiert ist das pferd hat in ja auch beschützt genau wie carl. das würde mich auch interresieren woher es kommt. also die leute hören das schreien vom dem tausendfüssler und kommen zum nachschauen . die sind lebensmüde wie mir scheint. aber das dorf ist in der nähe da bin ich froh. wenigstens ist jetzt alles gut.
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