Kapitel 48


Louison beobachtete das Geschehen und fragte sich, was Carlton tun würde.

Kommt... kommt nicht näher!“ Die Räuber schwangen ihre Waffen wahllos, aber sie wirkten überhaupt nicht bedrohlich. Vor Carlton wirkten die Männer zudem winzig. Ihre Waffen sahen aus wie Kinderspielzeug.

Hey.“ Carlton spannte demonstrativ seine Muskeln an, ballte die Faust und drehte sein Handgelenk um. „Gebt uns alles, was ihr habt!“

Carlton stürzte sich auf die Räuber und Louison vergrub seinen Kopf in den Händen.

Er wollte also den Spieß umdrehen und die Räuber ausrauben?

Soll ich ihn aufhalten? Muss ich ihn aufhalten?

Während er darüber grübelte, trat Louison einen Schritt zurück, um auf Abstand zu bleiben. Dieses Verhalten war zwar nicht angebracht, aber er war ohnehin nicht fähig in den Kampf einzugreifen.

Ehrlich gesagt, hätten sie ihren Gegner sorgfältiger auswählen sollen …

Louison schickte ein Gebet gen Himmel für die ungeschickten Räuber.

Carlton setzte seinen Gegnern nur mit der Faust zu. Er wich ihren Messern aus, packte einen der Räuber am Arm und verdrehte ihn. Mit der Axt einer der Räuber schlug er den Holzspeer, der auf ihn zuflog, weg. Er schleuderte den Räuber zur Seite und schlug die törichten Männer einen nach dem anderen nieder.

Für Bauern, selbst wenn es fünf gut gebaute erwachsene Männer waren, waren sie Carlton nicht gewachsen. Carlton war nicht nachsichtig mit ihnen.

R-Rette… Rette uns…“

Halt die Klappe und geh da rüber.“ Carlton schlug den Räuber erneut, um ihn zum Schweigen zu bringen. Dann nahm er einem der Männer die Schuhe ab und brachte sie Louison.

Bitte zieh diese an für die lange Reise. Es sind zwar keine guten Schuhe, aber besser, als deine kaputten.“

Ähm …“ Der Besitzer dieser Schuhe schaute ihnen geschockt hinterher.

Wer war an diesem Punkt der Räuber und wer der ehrbare Bürger?, fragte sich Louison.

Ehrlich gesagt... Warum habt ihr überhaupt versucht, uns auszurauben…?“ Da er nicht in der Lage war, Mitleid mit den Umständen der Räuber zu zeigen, versuchte Louison nicht hinzusehen und zog stattdessen die Schuhe an. Außerdem waren die Schuhe des Räubers viel besser, als seine kaputten. Da sie von Bergbewohnern getragen wurden, waren die Sohlen stark und dick – viel robuster als die Schuhe derer, die im Tal lebten.

Carlton sah zufrieden aus. „Es scheint, als würden diese Kerle in einem Dorf hier in der Nähe wohnen. Wir sollten die Nacht dort verbringen.“

Wann hatte er herausgefunden, dass sie in der Nähe eines Dorfes waren, während er diese Räuber verprügelte? Louison warf den besiegten Männern einen Seitenblick zu. Es war ihm unangenehm, in das Dorf der Räuber zu gehen: „Wird das gut gehen?“

Sie haben unsere Gesichter schon gesehen. Wir müssen sicherstellen, dass sie schweigen. Es ist ganz einfach mit den Räubern fertig zu werden.“

Sie zum schweigen bringen?

Es klangt, als wollte der Söldner sie irgendwo vergraben. Es schien nicht, als wäre Louison der Einzige, der zu dieser Schlussfolgerung gelangt war – die Räuber zuckten alle zusammen und zitterten.

Na ja, wenn Carlton das sagt.

Louison nickte. Der junge Herzog wusste, dass er an seine Grenzen gestoßen war, also entschied er sich Kompromisse einzugehen.

Carlton trat auf die Räuber zu und stieß sie leicht mit dem Fuß an: „Führt uns in euer Dorf.“

D-Dorf? Das können wir nicht! Wenn ihr da hingeht, gibt es Ärger!“ Die Räuber waren entsetzt, als sie hörten, dass es in ihr Dorf ging.

Warum? Weil es euer Versteck ist? Ich nehme an, der Anführer der Räuber ist dort?“

Nein. Das ist es nicht, mein Herr. Wir waren ursprünglich Bauern von diesem Berg. Im Dorf … Das Dorf ist jetzt wirklich gefährlich …“ Die Gesichter der Räuber waren eindeutig voller Angst. Sie zögerten, Louison und Carlton zu ihrem Dorf zu bringen, sie schienen wirklich Angst vor etwas im Dorf zu haben. Was konnte so beängstigend sein?

Was gibt es in eurem Dorf?“, fragte Louison, der seiner Neugier nicht widerstehen konnte. Die Räuber zögerten, es sah aus, als würden sie über ihre Augen miteinander kommunizieren.

Ihr antwortet nicht?“, drohte Carlton.

Die Räuber schlossen sofort die Augen und schrien: „Monster – da sind Monster!“

Monster?“

Ein Kerl hat ein Rudel Monster ins Dorf gebracht und es übernommen! Wir können nicht dorthin zurückkehren!“ Die Räuber weinten.

Was war das für eine Geschichte? Louison und Carlton warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu. Der junge Herzog spürte, dass dies nichts war, was er einfach ignorieren konnte. Carlton nickte, als ob er das Gleiche dachte.

Langsam – erzählt mir, was passiert ist.“ Louison beruhigte die Männer am Boden. Die Räuber weinten und beeilten sich, alles zu erklären.

Wasser schoss aus ihren Augen, als ob Schleusen geöffnet worden wären. Sie begannen, ihre Geschichte zu erzählen. Es war alles sehr verwirrend, da sich jeder Mann auf seine Geschichte konzentrierte, aber um es zusammenzufassen …

Diese Männer waren ursprünglich keine Räuber, sondern Bauern, die in den Bergen lebten und Brandrodung betrieben.

Sie hatten in einem kleinen, provinziellen Dorf gelebt, wie es im ganzen Land verbreitet war. Doch vor zehn Tagen erschien ein einzelner Mann mit einem Rudel Monster an seiner Seite. Er ließ die Monster das Dorf ohne ersichtlichen Grund angreifen.

Ein Mensch, der ein Rudel Monster kontrolliert? Denkt ihr, das ist glaubwürdig?“ Carlton ging gezielt auf die Räuber los, um ihnen mehr Informationen zu entlocken.

W-Wir sagen die Wahrheit. Wir konnten unseren Augen nicht trauen. Der Mann hat das alles wirklich getan! Er hat dem Monsterrudel wirklich befohlen, unser Dorf anzugreifen.“

Diese fünf Männer sagten, sie hätten Glück gehabt, mit dem Leben davongekommen zu sein. Doch danach hatten sie zu viel Angst, um nach Hause zurückzukehren, und sie wussten nicht, wohin sie sonst gehen sollten. Daher blieben sie in vertrauter Umgebung.

Dann, als ihnen das Essen ausgegangen war und sie nur noch an ihren Fingerspitzen lutschen konnten, erschienen Louison und Carlton auf dem Weg. Sie hatten den Verstand verloren, als sie Louison etwas essen sahen, und hatten beschlossen, Wegelagerer zu werden.

Aber warum habt ihr dann einen Raubüberfall begangen? Ihr hättet in die nächste Stadt gehen und ihnen die Wahrheit sagen und Hilfe holen sollen“, tadelte Louison.

Die Männer sahen aus, als würden sie jeden Moment weinen: „Das liegt daran, dass wir Flüchtlinge sind …“, sagten die Räuber mit schwacher Stimme.

Als Louison das hörte, seufzte er. Flüchtlinge waren Menschen, die keinem Land angehörten und nomadisch umherwanderten. Sie wurden zu Migranten, um Kriegen oder Tyrannei zu entkommen, nach einem Verbrechen, nach dem Exil oder dem Verlust ihres Landes. Es gab viele Gründe, Flüchtling zu werden, aber die meisten Menschen mieden sie. In dieser Welt war es natürlich, in dem Dorf zu leben und zu sterben, in dem man geboren wurde, also waren Fremde mit unklarem Status oft suspekt. Auch wenn die Flüchtlinge sich irgendwo niederlassen wollten, würden die meisten Orte sie nicht akzeptieren.

Viele von ihnen lebten daher heimlich in den Bergen oder Wäldern. Da dies offensichtlich illegal war, konnten sie nirgendwo hingehen.

Auch Louison hatte so eine Zeit erlebt, als er durch das Königreich gewandert war. Er sagte nichts mehr zu den Männern, weil der junge Herzog verstand, wie sie sich fühlten. Stattdessen fragte er etwas anderes: „Also hat ein fremder, seltsamer Mann ein Rudel Monster in euer Dorf gebracht?“

Ja. Auf Befehl überfiel das Monsterrudel unser Dorf.“

Die Geschichte der Räuber erinnerte ihn an Ruger.

Schließlich war es nicht üblich, dass Menschen Monstern Befehle erteilten.

Louison sah Carlton in die Augen und packte ihn am Ärmel.

Ähnlich wie Ruger, oder?“

Carlton nickte mit ernster Miene. Louison fuhr mit seiner Befragung fort: „Was für Monster?“

Wir kennen den Namen nicht genau, aber … Sie waren so groß wie Stiere, sahen aber genauso aus wie Hunde.“

Hunde? Meinen Sie, dass sie wie Wölfe aussahen?“

Ja, ja. Ähnlich wie Wölfe. Unglaublich furchteinflößend – und die Zähne waren so scharf …“

Als der junge Herzog ihre Beschreibungen hörte, ahnte er, dass es sich bei dem Monsterrudel um Schattenwölfe handelte: „Wie lange ist das her?“

Ich glaube, … es sind ungefähr zehn Tage vergangen.“

Zehn Tage…“

Es waren zehn Tage vergangen, als Louison und seine Gruppe von den Schattenwölfen angegriffen worden war.

Louison stand dicht bei Carlton und flüsterte, so dass die Räuber es nicht hören konnten: „Glaubst du, sie sagen die Wahrheit?“

„…Es scheint nicht so, als würden sie lügen.“

Mmm. Louison gab ein leises Grollen von sich. Wenn das, was sie sagten, wahr war, dann war es sehr wahrscheinlich, dass ihre Situation etwas mit Ruger zu tun hatte. „Es fühlt sich zu seltsam an, … um das einfach als Zufall abzutun.“

Das finde ich auch. Warum gehen wir nicht in ihr Dorf?“

Was ist, wenn dort wirklich Monster sind?“

Ich glaube, die Monster, die das Dorf angegriffen haben, sind bereits weg. Auf dem Weg hierher haben wir kein Wolfsgeheul gehört.“

Ah. Das stimmt.“

Schattenwölfe heulten jede Nacht. Wenn man zurückblickte, hatte Louison nie etwas gehört, das wie ein Wolf klang. Zur Sicherheit fragte er die Räuber, und sie sagten dasselbe.

Louison und Carlton entschieden, in das Dorf der Räuber zu gehen. Mit den fünf Räubern als Führer machten sie sich auf den Weg dorthin. Unterwegs stellte Louison noch einige Fragen: „Habt ihr gesehen, wie der Mann aussah, der die Monster gebracht hat?“

Obwohl die Räuber Louison schwer zu ertragen fanden, antworteten sie ihm ruhig. „Wir konnten ihn nicht richtig sehen … Der Mann trug Pilgerkleidung, deshalb konnten wir sein Gesicht nicht erkennen. Er schien allerdings von kleiner Statur zu sein …“

Ich erinnere mich, dass die Atmosphäre etwas unheimlich und düster war. Die Monster grinsten sogar, als sie die Dorfbewohner töteten.“

Der Mann in den Beschreibungen war völlig anders als Ruger. War es jemand anderes?

Ihr hattet keine Ahnung, dass die Monster angreifen würden, und konntet ihn trotzdem gut sehen, hm?“, meinte Carlton.

An diesem Tag war es so seltsam neblig – ich konnte nicht einmal die Leute sehen, die neben mir standen … Den Mann jedoch konnte ich sehr gut sehen. Es war, als ob der Nebel sich vor ihm lichtete.“

Nebel?“

Ja. Normalerweise ist es hier nicht sehr neblig, also weiß ich noch, dass … alle das seltsam fanden.“

Nebel…“, murmelte Louison.

War es wieder dieser unheilvolle Gast, der Nebel? Der Nebel, den die Delegation des Hauses Vinard gesehen hatte? Der Nebel, den auch Louison gesehen hatte, als er von den Schattenwölfen angegriffen worden war, … und der Nebel, der erschienen war, als das Dorf angegriffen wurde.

Louison fühlte sich unbehaglich – alles schien miteinander verbunden zu sein.

Ihr Gespräch führte sie schließlich in das Dorf, aus dem die Räuber geflohen waren.



Info:

Brandrodung ist eine weit verbreitete Methode zum Anbau von Nahrungsmitteln, bei der wildes oder bewaldetes Land abgeholzt und die verbleibende Vegetation verbrannt wird. Die entstehende Ascheschicht verleiht dem frisch gerodeten Land eine nährstoffreiche Schicht, die als Dünger für die Pflanzen dient. Normalerweise sind solche Bauern ländlicher und nomadischer Herkunft und wechseln ihren Standort, sobald die Nährstoffe im verbrannten Boden versiegt sind.





2 Kommentare:

  1. Ich musste am Anfang so lachen über Louison seine Gedanke XD Carlton hat das mit den "Räubern" ja schnell geklärt, die danach mehr wie ein Häufchen Elend waren. Was sie dann erzählten, war jedoch alles andere als beruhigend. Ruger kann es von der Beschreibung nicht sein, aber jemand der mit dem Nebel zu tun hat. Und gerade geht mir hier der Nebel, den wir seit zwei Tagen haben, sehr auf den Sack. Nicht schön wenn man nachts in die Arbeit fährt und absolut nichts sieht =.= Zumindest jagen einem nicht noch Schattenwölfe.
    Ich bin jetzt mal gespannt was sie im Dorf vorfinden werden.

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  2. ich wäre auch geschock wenn ich jemand überfalle und der den spieß umdreht und die sachen weg nimmt. klar sind die einfachen schuhe der räuber besser als luis seine schuhe. das was sie ihnen erzählt haben könnte fast zu ruger passen nur das es wer anderes war nach der beschreibung. sie gehen in das dorf um es zu überprüfen ich hoffe sie sind vorsichtig nicht das ihnen was passiert.

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