Teil 5: Getrennt oder zusammen
*Tropf, tropf, tropf*
In der Ferne hallte das Geräusch fallender Wassertropfen wider. Das Geräusch, das zunächst sehr leise war, dann aber langsam näher kam, ließ Louisons Trommelfelle erzittern und weckte sein Bewusstsein.
Die kühle Luft, die die Wärme aus seinem Rücken saugte, war so kalt, und andererseits war die Wärme auf der anderen Seite so intensiv, dass Louison sich unabsichtlich tiefer in diese Umarmung grub. Er öffnete die Augen und bemerkte, dass ihn jemand umarmte.
Vor ihm war jemandes nackter Brustkorb – eine massive Wand. Es war ein sehr attraktiver Brustkorb, aber warum war dies das Erste, was er nach dem Aufwachen sah?
Er wurde so fest an die Brust gedrückt, dass er das Gesicht des anderen nicht sehen konnte, obwohl sein Blick umherwanderte. Der Körper des Mannes umschloss Louisons fest, klammerte sich an Arme und Beine und wärmte sie.
Es war schon lange her, dass er aufgewacht war und auf eine unbekannte Brust gestarrt hatte, aber die Situation war ihm nicht fremd. Da er selbst ein Leben als Bettler geführt hatte, wusste er, dass der andere einen Aufstand machen würde, wenn er ihn erschreckte. Also versuchte er, sich ruhig aufzurichten. Der andere war jedoch schneller.
„Bist du wach?“
Diese Stimme gehörte Carlton. Carlton war, nachdem Louison aufgewacht war, ebenfalls wach geworden. Louison setzte sich rasch auf. Bei seiner plötzlichen Bewegung rutschte der Lederumhang, der die beiden bedeckt hatte, herunter. Louisons Blick glitt zu Carltons Unterkörper.
Carlton trug eine Hose, Louison war nur mit Unterwäsche bekleidet, aber nicht ganz nackt.
Ach, was für eine Erleichterung.
Louison blickte in Carltons Gesicht, während ihm Gedanken durch den Kopf schossen.
Was in aller Welt ist passiert?
Louison richtete sich auf und sah sich um. Sie befanden sich in einer sehr langen und engen Höhle. Der fischige Geruch von Wasser, Erde und ein leichter Gestank von Tieren vermischte sich. Die beiden waren alleine in dieser Höhle.
„Wo sind wir? Warum umarmst du mich?“, fragte der junge Herzog.
„Erinnerst du dich, was passiert ist?“
„Ich kann mich bis zu dem Moment erinnern, als ich ohnmächtig wurde.“
Monster hatten plötzlich aus dem Nebel heraus angegriffen.
Ruger hatte sich als Spion herausgestellt, und er war ohnmächtig geworden, als Carlton plötzlich aufgetaucht war. Alles war lebendig in seiner Erinnerung geblieben.
„Danach habe ich dich geschnappt, Herzog, und bin weggelaufen. Nachdem ich die Jäger zurückgelassen hatte, habe ich eine Höhle gefunden und dich hineingetragen.“
„……Und unsere Kleidung?“
„Weil wir in einen Wasserfall gesprungen sind, wurde sie durchnässt. Dort trocknet sie.“
„Wir … sind in einen Wasserfall gesprungen?“
Wasserfall? Habe ich gerade etwas Verrücktes gehört …?
Als Louison in die Richtung schaute, in die Carlton zeigte, konnte er ihre Kleidung sehen. Wie er gesagt hatte, war sie feucht.
Wir sind wirklich gesprungen …
Obwohl er da bewusstlos war und sich an den Vorfall nicht erinnern konnte, wurde Louison allein bei der Vorstellung schwindelig.
Wie kommt er auf die Idee, in einen Wasserfall zu springen? Und ich bin doch noch am Leben? Oder?
Carlton missverstand Louisons Schweigen und fuhr mit seiner Erklärung fort: „Es ging nicht anders, da die Körpertemperatur sinkt, wenn man nasse Kleidung trägt. Und wenn wir ein Feuer angezündet hätten, hätten uns diese Bastarde aufspüren können. Aber die ganze Nacht nackt zu verbringen wäre töricht gewesen, also habe ich dich umarmt.“
Carlton betonte eifrig, dass nicht einmal seine Fingerspitzen einen finsteren Gedanken oder Hintergedanken gehegt hatten. „Es gab keine andere Wahl. Wirklich.“
Er musste sich nicht erklären. Louison würde ihn nicht missverstanden haben. Schließlich hatte Carlton keine derartigen Absichten ihm gegenüber.
„Ich verstehe. Die Situation ist schuld. Du musst es schwer gehabt haben.“
„Ja…“, Carlton schien von Louisons direkter Antwort verlegen zu sein.
„Und die Anderen?“
„Davon weiß ich nichts. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mit dir wegzulaufen.“
„…….Ich verstehe.“
Es hatte Ritter in der Eskorte gegeben, aber es waren weitaus mehr Zivilisten gewesen, deren Pflicht es gewesen war, Louison zu betreuen. Hatten diese Menschen den Zähnen der Monster ausweichen können, als sie aus dem Nebel auf sie zugesprungen waren?
Als Louison von den Schattenwölfen aus der Kutsche gezerrt worden war, hatte er, selbst in diesem kurzen hektischen Moment, die Schreie der Menschen sowohl in seiner Nähe als auch in der Ferne hören können. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, was mit der Gruppe passiert sein könnte. Wahrscheinlich waren mehr als nur ein paar Leute gestorben. Mit einem flauen Gefühl im Magen presste Louison seine Lippen fest zusammen.
Die Tatsache, dass dies alles durch Ruger verursacht worden war, nagte an Louisons Herz. Vor Ruger hatte er so getan, als würde er nichts fühlen, aber das war weit von der Wahrheit entfernt. Schließlich war er es, der Ruger eingestellt und an seiner Seite behalten hatte.
„Nun, Herzog, erzähle du mir deine Seite der Geschichte. Ruger, was ist er? Er schien eine völlig andere Person zu sein“, sagte Carlton.
Louison nickte langsam. Ruger schien wie ein völlig anderer Mensch. Er hatte wie ein fähiger Ritter ausgesehen, nicht wie ein arroganter Diener, und war vollständig mit seiner feinen Rüstung ausgestattet gewesen. Die frivole Art zu sprechen, die nicht zu seinem ritterlichen Aussehen passte, war ironisch gewesen, denn das war Rugers übliche Ausdrucksweise.
Umso härter traf es den jungen Herzog, dass der Ruger, den er kannte, ein Betrüger war. Der Mann hatte dasselbe vorwurfsvolle Mundwerk, aber die Fassade eines loyalen Dieners war nur auf Lügen aufgebaut gewesen.
„Ruger ist ein Spion.“
„Verstehe. Hast du herausgefunden, wessen Spion er ist?“
Louison schüttelte den Kopf: „Ich weiß nicht, wer hinter ihm steckt. Du scheinst nicht sehr überrascht zu sein? Ich war zutiefst schockiert, als ich herausfand, dass Ruger ein Spion ist.“ Nachdem er der Situation entkommen und an einen sicheren Ort gelangt war, brachen die Emotionen, die er vorübergehend zurückgehalten hatte, wie Wellen herein und überwältigten Louison. Sein Herz schmerzte von dem Gefühl des Verrats und des Schocks.
„Mich überraschte das nicht allzu sehr. Er schien jemand zu sein, der so etwas tun könnte.“
„Ruger kam dir so vor? Für mich war er ein treuer Adjutant.“
„Mein Herzog, du schienst dich in seiner Gegenwart besonders wohl zu fühlen, aber ich kann nicht behaupten, dass er loyal war. Ist er nicht immer von Zeit zu Zeit verschwunden? Selbst als du im Dorf zurückgelassen wurdest, hat er andere absichtlich provoziert.“
„…..Hmm.“
Wenn man es sich recht überlegte, so war ein Messer aus einem toten Winkel auf ihn zugeflogen, als er im Dorf zurückgelassen und in die Unruhen geraten war. War Ruger auch daran schuld gewesen?
Im Rückblick war das nicht der einzige verdächtige Vorfall gewesen. Nachdem Louison sich Carlton ergeben hatte, war Ruger oft verschwunden, wenn bedeutende Vorfälle vorüber gewesen waren.
„Eigentlich weiß ich nicht, was der Herzog in ihm gesehen und geglaubt hat“, sagte Carlton.
Louison schloss abrupt den Mund: Wegen mir wurde Ruger damals gefangen genommen und von dir getötet.
Also ignorierte der junge Herzog seine Verdächtigungen und vergrub sie. Trotz der verdächtigen Vorkommnisse hatte er nicht an Ruger gezweifelt.
Aber Ruger hatte so gesprochen, als hätte Louisons nächtliche Flucht auch seiner eigenen Sicherheit gedient, und weil der junge Herzog sich ergeben hatte und nicht weggelaufen war, hatte der Diener sich zu erkennen geben müssen.
Wenn das der Fall gewesen war, war Ruger dann wirklich in der vorherigen Zeitlinie gestorben? War die Gefangennahme im Auftrag seines Meisters Teil eines Plans gewesen? Louison hatte Rugers Leiche nie gesehen gehabt und hatte nur aufgrund der Umstände fest an seinen Tod geglaubt.
Ich schätze, ich war ein Narr.
Louison stützte verzweifelt den Kopf in beide Hände.
Das Gesicht des Herzogs war leichenblass und sein halbtrockenes Haar hing schlaff herab. Sein Blick wanderte besorgt durch die Luft. Vielleicht tat er Carlton deshalb noch mehr leid. Die Hand des Söldners zuckte.
Normalerweise hätte Carlton ihn ausgelacht, weil er wie ein Idiot an so einen Bastard geglaubt hatte, aber stattdessen tat ihm Louison einfach leid. Hätte er Ruger vertraut, wenn er allein und einsam gelitten hätte? Er dachte, dass man, egal wie wachsam man gegenüber jenen mit Hintergedanken war, irgendwann doch getäuscht würde.
Das war zu viel. Carlton zerbrach sich den Kopf darüber, was er sagen könnte, um den jungen Herzog zu trösten. Doch er wusste nichts zu sagen, denn Sarkasmus war ihm vertrauter als Trost.
„Herzog, geht es dir gut?“ Das war alles, was er herausbrachte.
Louison sah erschrocken auf: „Es tut mir leid. Ich war einen Moment in Gedanken versunken. Erst einmal danke, dass du mich gerettet hast.“
„Nicht dafür. Da ich den Auftrag habe, den Herzog sicher in die Hauptstadt zu eskortieren... sollte ich mich eigentlich entschuldigen.“
Kann er nicht freundlicher klingen?
Carltons üblicher trockener Ton ging ihm zu Herzen.
In der Zwischenzeit versuchte Louison, sich zu wappnen und entschlossen zu wirken. Er wollte Carlton gegenüber nicht länger erbärmlich wirken. „Du musst den Boten des ersten Prinzen getroffen haben. Bist du allein? Was ist mit all deinen Männern?“
„Es schien dringend, … also bin ich als Erster losgeritten. Es muss eine große Entfernung zwischen uns und ihnen sein, also wissen die Männer noch nicht, was alles passiert ist.“
„Ist das so…..“
„Aber keine Sorge. Ich werde dich, mein Herzog, sicher zum Herzogtum bringen.“
„Zum Herzogtum??“ Louison blinzelte.
„Willst du nicht zum Herzogtum zurückkehren?“, fragte der Söldner.
„Nein, ich denke, ich gehe direkt in die Hauptstadt .“
„Du willst direkt in die Hauptstadt?“
„Das ist richtig.“
Carlton schüttelte stirnrunzelnd den Kopf: „Es wäre besser, im Herzogtum vorbeizuschauen und eine ordentliche Truppe zusammenzustellen, bevor wir aufbrechen. Es gibt verdächtige Männer, die es auf dein Leben abgesehen haben, und ich bin im Moment der Einzige, der bei dir ist. So wäre es schwer, die Hauptstadt zu erreichen.“
Carlton hatte recht, aber Louison hatte eine andere Idee. „Ruger wird auf dem Weg zurück ins Herzogtum auf uns warten. Jetzt zurückzukehren wäre, als würde man ihm direkt in die Arme laufen.“
„Da ich bei dir bin, wird die Rückkehr ins Herzogtum kein Problem sein.“
Obwohl Carlton zuversichtlich war, schüttelte Louison den Kopf: „Das wird ein Problem sein, auch wenn wir ins Herzogtum zurückkehren, da das Herzogtum nicht über so viel Personal verfügt. Ich muss die Hauptstadt so schnell wie möglich erreichen.“
Die Anzahl der Personen, die Louisons Gruppe bei seinem Aufbruch in die Hauptstadt angehört hatte, war die optimale Anzahl an Arbeitskräften, die aus dem Herzogtum und dem Schloss entfernt werden konnte. Da das Leben oder der Tod dieser Personen unbekannt war, war es unwahrscheinlich, dass sich die Situation ändern würde, wenn sie sich im Schloss neu formierten.
„Warum bleibst du nicht eine Weile im Herzogtum?“, fragte Carlton.
„Das kann ich nicht.“
„Der Prinz wird es verstehen, wenn du angegriffen wurdest. Ich werde ihm deine Situation persönlich mitteilen.“
„Ich habe die Pflicht, als einer der großen Lords zu gehen. Unter Einsatz meines Lebens muss ich zum Thron gehen, an die Seite seiner Majestät.“
Carlton war nicht begriffsstutzig. Er erkannte sofort die tiefere Bedeutung hinter Louisons Worten.
Das ist doch mal kein schlechter Anblick, wenn man aufwacht und warm ist es mit dazu auch *hust*
AntwortenLöschenAber Carlton hat richtig gehandelt. In den nassen Klamotten wären sie nur krank geworden und Körperwärme ist da am besten. Aber Louison macht sich nicht wirklich mehr einen Kopf darüber. Der Verrat und der Schmerz darüber sitzt fürs erste tief. Es ist wahrlich kein schönes Gefühl so hintergangen zu werden.
Carlton seine Gefühle hingegen arbeiten weiter ordentlich XD
Aber fürs erste müssen sie schauen, das sie es ohne weitere Probleme in die Hauptstadt schaffen.
Armer Louison, er wurde von einem vermeintlichen Freund verraten, muss wieder flüchten und hungern, was er ja am meisten hasst, aber wenigstens hat er diesmal Carlton an seiner Seite
AntwortenLöschenich würde auch gerne auf einer starken brust aufwachen. doch der verrat von ruger hat in wirklich erwischt. er will seine pflicht nicht verletzen.carlton würde in gern zurück bringen doch luis weist in darauf hin das er auf den weg ruger noch sein könnte und auf sie wartet. doch er will in die hauptstadt und hat sogar einen guten beschützer. hoffendlich geht es glatt.
AntwortenLöschen