Louison hatte nichts davon befohlen. Er hatte Rugers Vorschlag zur Flucht nicht zurückgewiesen, sondern für bare Münze genommen, dass sie beide sofort gehen sollten. Er hatte einfach Rugers Drängen nachgegeben. Das war dumm, das war passiv und das war definitiv etwas, was Louison getan hätte, bevor es zur Rückkehr kam.
Wer hatte ihm als Erster zugerufen, er solle vor Carlton weglaufen? Es war Ruger gewesen. Ruger war es gewesen, der Louison terrorisiert hatte, indem er ihm solch schreckliche Gerüchte zugeflüstert hatte.
Louison war damals so verängstigt und von der ersten schweren Krise seines Lebens überwältigt gewesen, dass er nicht richtig hatte urteilen können. Außerdem war Louison von Natur aus eher passiv gewesen und hätte von sich aus sowieso nichts unternommen.
Hätte er daran gedacht, ohne Ruger vom Anwesen zu fliehen?
Zum ersten Mal stellte Louison die Ereignisse jener Nacht in Frage. Er hatte sich entschieden, im Schutz der Dunkelheit zu fliehen, aber konnte er wirklich sagen, dass es nur sein Wille gewesen war?
Nachdem Louison seine wirren Gedanken rasch geordnet hatte, brachte er nur eines hervor: „Warum?“
Warum sollte Ruger das tun? Louison hatte Ruger als seinen wichtigsten Diener vertraut. Ruger hätte ihn jederzeit töten oder entführen können, wenn er es gewollt hätte. Warum sollte er Louison also dazu verleiten, das Herzogtum aus eigenem Willen zu verlassen? Warum all diese Mühe?
Plötzlich musste er an die Zeit zurückdenken, als er Ruger zum ersten Mal eingestellt hatte.
Das war vor etwa fünf Jahren gewesen. Damals hatte Louison einen Adjutanten, nach einer strengen Auswahl, vom General einstellen lassen. Dieser wurde jedoch bei einem Kutschenunfall verletzt. Ein Ersatz sollte vorübergehend über nahegelegene Netzwerke eingestellt werden.
Da es sich von vornherein um eine vorübergehende Arbeitsstelle gehandelt hatte und Louison allein in der Hauptstadt gewesen war, hatte er einfach willkürlich jemanden ausgewählt, der ihm gefallen hatte. Das war Ruger gewesen.
Ruger hatte als Louisons Zunge fungiert und ihm viele lustige Spiele beigebracht. Im Laufe der Zeit war die Rückkehr des ursprünglichen Adjuntanten verschoben worden, und Ruger war an seiner Seite geblieben.
Der junge Lord hatte viele Angestellte, die aus den unterschiedlichsten Gründen gekommen und gegangen waren. Louison war an die ständige Flüchtigkeit seines Gefolges gewöhnt gewesen, und so hatte es ihn nicht besonders gestört, dass der ursprüngliche Adjutant nie wieder aufgetaucht war, und auch nicht, dass Ruger seinen Posten eingenommen hatte, als sei dies die natürliche Ordnung der Welt.
Louison hatte nur gedacht: „Wenigstens habe ich diesmal einen lustigen Adjutanten.“ Louison hätte Ruger vielleicht vergessen, wenn er nicht vor der Rückkehr an seiner Stelle gestorben gewesen wäre.
Moment mal. Ruger starb für mich vor der Rückkehr. Ist er wirklich gestorben?
Welcher Spion würde für seine Beute sterben?
Und dann? War sein Tod auch eine Lüge?
Ein Schmerz zog durch seinen Hinterkopf. Ruger, von dem er geglaubt hatte, dass er für ihn gestorben war, war in Wirklichkeit ein Spion gewesen, der ihn absichtlich in den Sumpf gestürzt hatte.
Das Gefühl des Verrats erschütterte ihn. Die Sorgfalt seines Adjutanten war erschreckend.
„Wer steckt hinter dir? Aus welchem Grund hast du mir das angetan?“ In der vorherigen Zeitlinie tappte Louison in Rugers Falle und beschritt den Weg des Verderbens und Zusammenbruchs.
„Wünscht derjenige dahinter nicht meinen Tod, sondern meinen Untergang?“
Bei Louisons Worten blickte Ruger ihn enttäuscht an: „Ich habe dich betrogen und das ist alles, was dich interessiert?“
„Was soll mich sonst interessieren?“
„So etwas wie: Warum ich den Herzog verraten habe.“
„Warum sollte mich das kümmern?“
„Du bist wirklich … wie passend für einen Herzog. Ich mag die Arroganz meines Herzogs. Ein großer Lord sollte so sein.“ Seltsamerweise klang Ruger in Louisons Ohren bewundernd. Ruger hatte es oft gesagt, aber es fühlte sich schmutzig an, in dieser Situation dasselbe zu hören. „Jetzt wurde genug geredet.“ Ruger holte robuste Lederriemen hervor und fesselte Louisons Hände und Füße.
Louison dachte daran, sich zu wehren, hielt aber inne. Sein Hinterkopf kribbelte. Er konnte weder Sinn noch Ziel in der Situation und ihrem Verlauf erkennen, aber seine langjährige Wanderschaft als Bettler ermöglichte es ihm, den Schock zu verdrängen und die Überlebenschancen kühl zu beurteilen.
Irgendetwas im Hintergrund schien zu versuchen, eine Geschichte zu spinnen oder etwas zu verschönern, indem es Louison am Leben ließ. Er hatte keine Kraft, allein zu fliehen. Wenn er sich ohne Grund noch schwerer verletzte, wäre das nur ein Nachteil für ihn.
Wenn er verschwand, würden alle im Herzogtum zusammengerufen werden, um ihn zu finden. Es wäre vorteilhafter, ruhig so zu tun, als würde er folgen, während er einige Spuren hinterließ.
Während Louison sich den Kopf zerbrach, holte Ruger eine medizinische Phiole hervor und hielt sie ihm unter die Nase: ein Schlafduft. „Schlaf, du wirst bald an deinem Ziel ankommen.“
Der Duft war blumig und zugleich widerlich. Als der Geruch weiter in seine Nase drang, wurde dem jungen Lord schwindlig und er wurde schläfrig.
Ach, warte. Das… ist… nicht… gut… Louison schüttelte den Kopf.
Seine Augenlider wurden schwer und sein Körper begann zu erschlaffen.
In der Ferne hörte man Pferdehufe näher kommen, und ein kurzer Speer flog auf Ruger zu.
„Nngh!“ Ruger schlug nach dem Speer, konnte der Kraft des Kurzspeers jedoch nicht widerstehen und taumelte zurück. Carlton folgte ihm dicht auf den Fersen.
„Herzog!“ Sofort enthauptete er drei Schattenwölfe, die auf ihn zustürmten. Ein normaler Mensch könnte mit den plötzlichen Bewegungen mehrerer wilder Hunde nicht umgehen, ganz zu schweigen von Monstern, aber der riesige Körper des vierten Schattenwolfes teilte sich nach einen Hieb in zwei Hälften. Der Anblick der beiden auseinander fallenden Hälften war bizarr genug, um den Herzog in Ohnmacht fallen zu lassen.
Zwischen den Angriffen der Monster schwang Ruger sein Schwert nach dem Söldner. Der Angriff wurde jedoch ohne große Schwierigkeiten abgewehrt. Carlton sah Ruger an und sagte, ohne Louison anzusehen: „Dieser Kerl ist der Adjutant des Herzogs, richtig? Was ist mit diesen Monstern los?“
Louison konnte nicht antworten. Louisons Geist, der den Schlafduft kaum ertragen hatte, war von der offensichtlichen blutigen Brutalität erschöpft.
Carlton beobachtete Ruger, Louison – der ohnmächtig geworden war – und die Schattenwölfe um sie herum.
Nachdem er das Herzogtum verlassen hatte, war er wie ein Verrückter galoppiert und hatte versucht, seine anhaltende Zuneigung zum Herzog zu vergessen. Leider konnte er sich nicht so schnell bewegen, wie er wollte, denn die Gruppe hatte viel Gepäck dabei. Doch plötzlich folgte der Bote des ersten Prinzen und überbrachte ihm den Befehl, Louison in die Hauptstadt zu eskortieren.
Während er zum Himmel und zum Feld geblickt hatte, war er ganz von Louisons Gesicht erfüllt gewesen, und so war die plötzliche Planänderung ein Glücksfall gewesen. Er hatte sich schnell umgedreht und war den Weg zurück geritten, den er gekommen war. Er hatte nicht einmal darauf geachtet, ob seine Männer ihm gefolgt waren oder nicht. Er war schnell geritten und hatte gedacht, er würde bald auf die Gruppe des Herzogs stoßen, aber stattdessen hatte er gesehen, wie Louison von den Schattenwölfen weggezerrt worden war.
Er hätte sich ein solches Wiedersehen nie vorstellen können. Warum schwebte Louison jedes Mal in Gefahr, wenn er ihn sah?
Carlton war dem jungen Herzog hinterher geeilt – das war die aktuelle Situation. Er hatte ungefähr begriffen, was passiert war.
Ruger war die ganze Zeit ein Spion und kontrolliert diese Monster.
Er hatte keine Ahnung, wie der andere die Monster kontrollierte, aber Rugers Verrat kam für Carlton nicht überraschend.
„Du Mistkerl, ich hege schon lange einen Verdacht gegen dich.“
„Ein Untertan weiß nichts über den Himmel. Es geht dich nichts an, hör auf dich einzumischen.“
„Was meinst du mit 'geht mich nichts an'? Es geht meinen Herzog an.“ Carlton umklammerte sein Schwert fester und versperrte ihm den Weg zu Louison.
Ruger starrte den Söldner mit durchdringenden Augen an. Er sah Blutdurst und tiefen Groll in ihnen.
Die Art, wie Ruger das Schwert hielt, und seine Aura waren ungewöhnlich.
„Du bist für einen Adjutanten ziemlich geschickt – du hast dein Können wohl verborgen.“ Wenn Carlton bisher nichts bemerkt hatte, dann bedeutete das, dass Rugers Schwertkunst ausgezeichnet war. Die Lust auf den Kampf brodelte in dem Söldner auf. Carlton war immer begeistert, wenn er gegen starke Gegner gewann. Umso mehr, wenn sein Gegner jemand war, der ihn immer herablassend behandelt hatte.
Louison lag jedoch hinter Carlton. Allein wäre es vielleicht in Ordnung gewesen, aber es war gefährlich, zu kämpfen, während man einen anderen beschützte. Außerdem ahnte er, dass diese Monster mit dem jungen Lord davonlaufen würden, wenn er anfing, gegen Ruger zu kämpfen.
Dann gab es nur noch eines, was Carlton tun konnte.
Wir müssen fliehen.
Carlton traf eine schnelle Entscheidung und handelte sofort. Er schleuderte sein Schwert nach Ruger. In dem Bemühen, die Bewegungen des Söldners auf seinem Pferd zu stoppen, wich Ruger dem Schwert aus und griff Carltons Pferd an. Gleichzeitig griffen die Schattenwölfe Louison an.
Es war alles so, wie Carlton es erwartet hatte. Carlton schwang sich von seinem Pferd, damit es Rugers Angriff leichter ausweichen konnte. Dann rannte er schnell zu Louison und schlug auf den Hals des sich nähernden Schattenwolfs ein.
In der Formation der Wölfe bildete sich eine Lücke. Carlton hielt Louison in seinen Armen und warf sich durch diese Lücke. Geschickt folgte Carltons Pferd seinem Besitzer, wurde kurz langsamer und ermöglichte dem Söldner aufzusteigen.
Zuerst schwang er Louison auf das Pferd und dann stieg Carlton auf.
„Glaubst du wirklich, ich lasse dich entkommen!?“, brüllte Ruger, als er merkte, dass er hereingelegt worden war. Carlton glaubte nicht, dass der andere ihn einholen könnte. Schließlich hatte er kein Pferd. Aber etwas Unerwartetes geschah. Ruger kletterte auf einen Schattenwolf und begann, sie zu jagen.
Monster lassen Menschen auf ihrem Rücken reiten?
Er hätte es nicht geglaubt, wenn er eine solche Szene nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Je mehr er sah, desto unglaublicher war es.
Die Jagd fand am Hang statt. Das Gelände war für Carlton ein gewaltiger Nachteil. Das Pferd konnte wegen der vielen Hindernisse und des Unterholzes kaum beschleunigen. Der Schattenwolf hingegen lief am Hang entlang, als wäre er in seinem eigenen Gebiet. Immer wieder schnappten die Zähne des Wolfs nach dem Pferd.
Ruger schwang einen Speer. Carlton duckte sich, indem er seinen Körper flach machte. Der Zeitpunkt für einen Gegenangriff war günstig, aber er konnte es sich nicht leisten anzugreifen – nicht, während er mit der einen Hand die Zügel hielt und Louison mit der anderen.
Wenn das so weitergeht, werden wir alle sterben.
Carlton zerbrach sich verzweifelt den Kopf. Mit seinen scharfen Sinnen nahm er den fischigen Geruch von Wasser und das Geräusch eines Wasserfalls wahr.
Schattenwölfe sind im Wasser schwach.
Carlton traf seine Entscheidung. Er streichelte den Hals des Pferdes. „Es tut mir leid. Ich glaube nicht, dass ich mich auch noch um dich kümmern kann. Überlebe allein.“
Carlton galoppierte schneller. Dann nutzte er den richtigen Moment, zog einen Dolch und warf ihn auf den Schattenwolf. Carlton zielte genau: Die Klinge bohrte sich genau in seine Augenhöhle.
Carltons Körper neigte sich jedoch, als er den Dolch warf. Aus diesem Grund taumelte auch sein Pferd. Die Schattenwölfe, selbst hervorragende Jäger, ließen sich diese Gelegenheit nicht entgehen.
Carlton umarmte Louison fest und warf sich in die Richtung, die er zuvor anvisiert hatte.
Ein Wasserfall stürzte in die Tiefe.
Die Schattenwölfe sprangen, um den Söldner anzugreifen, zappelten dann aber verwirrt in der Luft. Es war jedoch zu spät für sie, um in Sicherheit zu kommen. Nach Carlton und Louison fielen mehrere Schattenwölfe hinunter und blieben im Wasserfall gefangen.
*Platsch - Spritz*
Ruger, der ihnen verspätet gefolgt war, blickte die Klippe hinunter. Carlton und Louison waren bereits unter den weißen Blasen des Wasserfalls verschwunden.
„Wie kann dieser Bauernbastard es wagen…“ Rugers Wut brach aus wie ein Vulkan. Er schlug den Schattenwolf, den er ritt, zu Tode. Obwohl einer ihrer Artgenossen brutal ermordet wurde, sahen die übrigen Wölfe einfach nur zitternd zu.
Ruger machte sich nach seinem Zornesausbruch auf den Weg, um den Fuß des Wasserfalls abzusuchen. Der Nebel lichtete sich und die Hügel kehrten zu ihrer Ruhe zurück, als wäre nichts geschehen. Sogar die Schreie des verletzten Pferdes, das nach seinem verlorenen Besitzer rief, gingen leise im Tosen des Wasserfalls unter.
~ Ende Teil 4 ~
ruger war also ein spion und jetzt ist er in seiner hand.gefesselt und jetzt wird er auch wieder bedeupt. aber was hört man der retter kommt und er erlegt auch ein paar wölfe. soviele gednken und alles was luis wusste ist falsch gewesen ruger war nie gestorben sondern hatte es vorgetäuscht. carlton merkte es auch und jetzt sind die beiden auf der flucht vor ihnen. aber was wird nun jetzt passieren mit ihnen und wieso will ruger in am leben lassen und mit nehmen. was ist sein ziel.
AntwortenLöschenIch habe es geschafft, ich bin auf den neusten Stand *wub* Die Geschichte nimmt wahrscheinlich jetzt richtig Fahrt auf. Nachdem Louison eine zweite Chance bekommen hatte und seine Fehler aus seinem vorherigen Leben korrigieren konnte, kommt nun raus, das Ruger damals wohl überlebt hatte und hier sogar mit Schattenwölfen zu tun hat und ein Verräter ist. Sicherlich hat er auch was mit dem Nebel zu tun, der nicht normal zu sein scheint.
AntwortenLöschenCarlton kommt mir wie jemand vor ~ Harte Schale, weicher Kern~. Louison hat ihm schon leicht den Kopf verdreht und herrlich war ja die Gerüchteküche und wie alle die beiden beobachtet haben und die Gerüchte zum Teil nur wilder wurden XD
Jetzt haben wir hier aber einen recht fiesen Cliffhanger und ich bin gespannt wie es weitergehen wird.