Kapitel 42


Louison schloss die Tür der Kutsche und versteckte sich darin. In solchen Momenten war es für einen schwachen Menschen wie ihn besser, sich irgendwo zu verkriechen, als denen, die talentierter waren als er, im Weg zu stehen – still zu bleiben würde den Rittern helfen.

Beschützt den Herrn!“

Bildet einen Verteidigungsring um die Kutsche!“

Es war ein plötzlicher Hinterhalt, den niemand erwartet hatte. Dazu war der Nebel so dicht, dass man kaum eine Handbreit vor der Nase sehen konnte. Dennoch bewegten sich die Ritter, wie sie es gelernt hatten, in perfekter Formation, um Louison zu beschützen.

Doch der Nebel war zu dicht, um den Angriffen der Monster standzuhalten. Die Schattenwölfe hingegen griffen die Ritter an, als wäre der Nebel kein Hindernis.

Ihre Formation brach augenblicklich zusammen. Ein Schattenwolf durchbrach die Reihe der Ritter und rammte die Kutsche, die mit Louison auf die Seite fiel. Dabei schlug er mit dem Kopf auf die Sitze.

Argh!“, der Schlag dröhnte durch seinen Kopf – ihm wurde schwindlig. Währenddessen riss der Schattenwolf die Tür der Kutsche ab.

Dieses elende Mistvieh, wie kann er es wagen!“ Ein Ritter stach mit einem Speer auf den Schattenwolf ein, doch drei andere Schattenwölfe stürmten zur Kutsche. Einer biss dem Ritter in den Arm und ein anderer packte Louison mit seinem Maul. Irgendwie schienen sie es darauf abgesehen zu haben, den jungen Herzog gefangen zu nehmen.

Louison schwang wild sein Buch: „Geh weg!“

Er leistete auf seine Weise Widerstand, doch das Monster wich nicht zurück. Die scharfen Zähne des Schattenwolfes gruben sich in seine Wade und zogen Louison aus der Kutsche.

Ahhh!!“

Mein Herr!“

Nachdem er hinaus gezerrt worden war, konnte er sehen, dass die Situation draußen ein einziges wildes Durcheinander war. Im dichten Nebel konnte er Schattenwölfe sehen, die seine Eskorte angriffen. Ein Begleiter brach mit einem Schrei zusammen, rotes Blut spritzte überall hin.

Woher kommen all diese Schattenwölfe?

Sogar der dichte Nebel, der seine Begleiter umgab, schien ungewöhnlich.

Der Nebel.

Dieser Nebel war doch auch während der gesamten Reise der Gesandten von Vinard und des Boten des ersten Prinzen ein Problem.

Die Schattenwölfe ließen Louison keine Zeit, in Ruhe nachzudenken. Einer von ihnen packte seinen Umhang und begann wegzulaufen. Louison strampelte, aber er war nicht stark genug, um dem Monster zu entkommen. Er wurde mitgezogen. Die Bisswunde am Bein wurde über den Boden geschleift, was große Schmerzen verursachte.

Der Umhang würgte den Herzog, er bekam keine Luft und wurde benommen. Der Schattenwolf schleifte Louison den Hügel hinauf. Während er geschickt allen Hindernissen auswich, hatte Louison nicht annähernd so viel Glück. Er wurde von mehreren Ästen und Steinen getroffen. Es fühlte sich an, als wären seine Knochen gebrochen, sein Fleisch war aufgerissen und blutete stark.

Nnngh“ Louison wurde weggeschleudert und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf. Er musste die aufsteigende Übelkeit unterdrücken. Er versuchte sich zusammenzurollen und tief Luft zu holen.

Die Schattenwölfe näherten sich dem Herzog nicht. Stattdessen blieben sie in einer gewissen Entfernung um ihn herum und knurrten warnend, sobald Louison den Kopf hob.

Was haben sie mit mir vor?

Louisons Mund fühlte sich trocken an. Ein Wolf von der Größe der Kutsche starrte ihn furchterregend an. Seine großen Reißzähne schienen bereit, ihn jederzeit zu zerreißen. Er war von der Blutgier des Monsters völlig überwältigt und konnte sich nicht bewegen.

Doch trotz seiner Angst fiel ihm etwas Merkwürdiges auf. Es gab nur zwei Gründe, warum Monster Menschen angriffen: Ihr Territorium wurde angegriffen, oder sie wollten sich eine Mahlzeit schnappen.

Schattenwölfe waren für ein Monster ziemlich schlau, aber letztendlich waren sie immer noch Monster. Es gab keinen Grund, einen Menschen lebend zu fangen und ihn auf eine leere Lichtung zu werfen, um ihn … zu bewerten? Louison hatte gehört, dass Schattenwölfe absichtlich schwache Beute retten würden, um ihren Jungen das Jagen beizubringen, aber er konnte die Welpen nirgendwo sehen.

Was geht hier vor?

Louison war unglaublich verwirrt. Was hatte es mit dem Nebel auf sich und was hatte es mit dem seltsamen Verhalten dieser Monster auf sich?

In diesem Moment konnte er das Geräusch von Schritten hören. Die Schritte eines Menschen.

Ein vertrautes Gesicht tauchte leise aus dem dichten Gebüsch auf.

Ruger!“, vor Freude darüber, ihn zu sehen, wollte Louison ihn fast rufen. Doch er schaffte es, seinen Mund zu halten, da er Rugers unbemerkte Annäherung nicht verraten wollte.

Er ist gekommen, um mich zu retten!

Louison war so glücklich, Ruger zu sehen – er war den Tränen nahe. Er hatte sich schon gefragt, wohin sein Adjutant verschwunden war!

Doch Louisons Freude währte nicht lange: Ruger war allein.

Egal, wie talentiert Ruger für einen Adjutanten im Schwertkampf war, Louison wusste, dass er nicht fähig genug war, um allein mit zehn Schattenwölfen fertig zu werden. Wenn er diese Fähigkeit gehabt hätte, wäre er ein Ritter und kein Adjutant geworden.

Mit anderen Worten, die Situation hatte sich nicht wirklich geändert, obwohl Ruger angekommen war.

Verdammt. Wenn stattdessen Carlton aufgetaucht wäre …

Der Bote des ersten Prinzen war losgeritten, um Carlton zu kontaktieren, aber es gab immer noch keine Nachricht von ihm. Hätte er gewusst, dass das passieren würde, hätte er darauf bestanden, mit Carlton zu reisen – wie bedauerlich.

Mein Herzog.“

Louison geriet in Panik, als Ruger nach ihm rief. „Ich dachte, du schleichst dich an, um den Monstern in den Rücken zu fallen. Was bringt es, wenn du nach mir rufst?“

Ruger machte nicht einmal den Versuch, seine Annäherung zu verbergen, sondern schob sich mit großer Würde näher an Louison heran.

Seine Haltung war so seltsam.

Warum ist dieser Kerl so ruhig?

Der Adjutant, für den er verantwortlich war, war von Monstern umzingelt und stand kurz davor, in Stücke gerissen zu werden. Es wäre normal gewesen, wenn Rugers Gesicht Besorgnis, Anspannung oder Dringlichkeit ausgedrückt hätte, … aber der Adjutant sah gelassen aus.

Es kam ihm so vor, als ob diese Situation für ihn nichts Ungewöhnliches wäre. Er sah die Schattenwölfe nicht einmal an. Wie konnte er so gleichgültig sein, wenn er nicht wusste, wann sie auf ihn springen und ihm am Hals packen würden? Er sah aus, als wäre er sicher, dass er nicht angegriffen würde.

Zumindest hätte der Ruger, den Louison kannte, nicht so reagiert. Er wäre alarmiert gewesen, als er sah, dass sein Herr in Gefahr war, und wäre herbeigeeilt, um ihn zu retten. Obwohl er anderen gegenüber arrogant gewesen sein mochte, war er dennoch Louisons ergebener Diener.

Wenn man darüber nachdachte, sah er auch anders aus als sonst. Rugers blasses Gesicht war steif wie das eines Toten. Seine übliche alberne Aura hatte einer schärferen, klar definierten Haltung Platz gemacht – wie ein Schwert. Seine rote Rüstung passte gut zu seinem roten Haar – für diejenigen, die ihn nicht kannten, hätte er wie ein berühmter Ritter ausgesehen, der sein Leben ohne Rückschläge geführt hatte. Auf den ersten Blick konnte jeder sehen, dass diese Rüstung viel zu gut für einen Diener war

Es war möglich, dass Ruger eine gute Rüstung besaß. Immerhin war das Gehalt, das Louison ihm gezahlt hatte, ziemlich beträchtlich. Das Problem war jedoch, dass er viel zu gut gekleidet war. Mit diesem Monsterangriff hatte niemand gerechnet. Das Tragen der Rüstung verursachte jedoch ein Gefühl der Unstimmigkeit, als hätte er einen Konflikt vorhergesehen.

Sag mir nicht, er wusste, dass die Monster angreifen würden?

Sein Mund war trocken wie eine Wüste. Eine düstere, unheilvolle Vorahnung kroch eisig Louison den Rücken hinunter.

Nein, das ist nicht möglich.

Louison bestritt es vehement. Er hoffte aus tiefstem Herzen, dass seine Vermutung falsch war. Es war Ruger. Vor seiner Rückkehr hatte er Louison bis zu seinem letzten Augenblick beschützt und Carlton daran gehindert, ihn zu fangen. Ein so ergebener Diener konnte ihn unmöglich angreifen.

Die Realität war brutal. Unheilvolle Ahnungen täuschten nie.

Als Ruger näher kam, zogen sich die Schattenwölfe zurück und wedelten mit ihren Schwänzen wie ein Hund. Sie legten ihre Köpfe auf den Boden und machten dem Adjutanten einen Weg frei, wobei sie ihm auswichen, als hätten sie es mit einem sehr furchterregenden und schwierigen Wesen zu tun.

Nichts … ergibt irgendeinen Sinn?!

Louison hatte noch nie davon gehört, dass Monster den Menschen gehorchten. Aber es war eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt, um über die Möglichkeit einer solchen Unterwerfung zu diskutieren. Louison sah alles deutlich: Die Schattenwölfe folgten Ruger. Wenn das so war, konnte man wohl davon ausgehen, dass es Rugers Idee war, dass die Schattenwölfe den Herzog auf diese leere Lichtung schleppten.

„…Mistkerl, was machst du da?“ Louison starrte ihn wütend an.

Ruger pfiff anerkennend: „Ich dachte, du würdest wimmern und heulen, aber du bist eigentlich ganz ruhig. Du scheinst auch nicht überrascht zu sein.“

„…Wie kann ich weinen, wenn ich so sprachlos bin. Was wirst du jetzt tun, nachdem du mich entführt hast? Wer hat dich angestiftet?“ Louison vermutete, dass Ruger nicht allein handelte. So erbärmlich es auch sein mochte, es gab nur vier große Lords in diesem Land. Aus Angst vor Konsequenzen konnte er nicht allein handeln.

Das ist komisch. Wie kannst du so kluge Dinge sagen?“

Dachtest du, ich sei ein Idiot?“

Nein, du bist wirklich ein Idiot. Ich kenne den Herzog besser als jeder andere. Der Herzog ist nicht die Art von Person, die unter solchen Umständen ruhig bleiben kann.“ Überraschenderweise sprach Ruger wie immer – eine Mischung aus Frechheit und Höflichkeit.

Louison war ziemlich entsetzt, als er sah, dass er sich nicht anders verhielt als zuvor.

Gedankenlosigkeit und Selbstgefälligkeit waren die größten Stärken des Herzogs … Warum hast du dich so plötzlich verändert?“ Ruger drückte mit seiner behandschuhten Hand auf einen Kratzer in Louisons Gesicht. Dann rieb er ganz sanft daran. Die Berührung des kalten Leders, das über die Wunde strich, fühlte sich so fremd an. „Du hast dich verletzt. Ich wollte nicht so extrem sein. Ich wollte bis zum Ende dein treuer Diener bleiben. Wenn du in dieser Nacht einfach mit mir weggelaufen wärst, wärst du nicht so verletzt worden.“

Was?“, musste Louison einwerfen.

Was sagte er gerade?

Alle seine Erinnerungen an Ruger waren zerschmettert und fügten sich langsam wieder zusammen, um sich an diese Nacht vor der Rückkehr zu erinnern.

Damals war Louison aus dem Schloss geflohen. Alles, was für die Flucht nötig gewesen war – der Fluchtweg, die Methode, die Vorräte – hatte Ruger vorbereitet gehabt.

Hatte ich ihm eigentlich jemals befohlen, sich auf die Flucht vorzubereiten?!





1 Kommentar:

  1. oh nein luis wurde von einem monster entführt und jetzt kommt noch dazu das ruger die monster befehligt. langsam kommen luis die zweifel und so mache sacen fügen sich zusammen. aber wieso sollte er das machen weshalb und wieso. jetzt kommen in auch noch die zweifel hatte er damals befohlen die flucht vorzubereiten oder war das auch alles auf ruger zu zuführen. was wird jetzt passieren wieso das alles. fragen über fragen.

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