Hüter der goldenen Felder.
Der Titel, der sich so erhaben und dunstig wie eine Wolke anfühlte, materialisierte sich in der Realität und gewann durch den jungen Lord Haut und Augen. Die Last dieses Titels lastete schwerer auf Louison als je zuvor.
Er hatte schon früher falsche Entscheidungen getroffen. Gab es also eine Garantie dafür, dass er nicht wieder alles vermasseln würde? Die gab es nicht. Louison wurde unglücklich und ertappte sich bei wilden Vorstellungen, was alles schiefgehen könnte. Die Angst erschwerte das Denken und vertrieb die Vernunft. Er bekam Depressionen.
„Es ist nicht gut, so zu verweilen …“, murmelte Louison und schüttelte den Kopf. „Was hat der Heilige gesagt, was man tun soll, wenn man depressiv wird? Er sagte, man solle den Körper erschöpfen.“
Louison war ein gläubiger Christ und schritt unermüdlich durch die Hallen des Schlosses, als glaubte er, dass dieses beständige Auf- und Abgehen seine Ängste beenden würde.
Die Zeit verging wie im Flug und schon war der Tag von Carltons Abreise da.
Die Sonne schien schwach am Himmel, es war noch stiller als in der Nacht. Die kalte Morgenluft war eisig. Die Vorbereitungen für die Abreise waren endlich abgeschlossen.
Sobald Carlton hinausgegangen war, brachten seine Männer die Pferde. Er tätschelte die glänzende Mähne des Pferdes und prüfte seinen Zustand. Sie hatten vor, die lange Reise in die Hauptstadt ohne Pause zu machen. Diejenigen, die mit der Geschwindigkeit ihres Hauptmanns nicht mithalten konnten, würden den anderen folgen.
In gewisser Weise war er jetzt vorsichtiger, als er in die Hauptstadt zurückkehrte, als er in den Süden gekommen war. Carlton hatte sich gefragt, ob es nötig war, so weit zu gehen, aber es beunruhigte ihn, von den Plänen zu hören, die die Adligen des Südens schmiedeten.
Er hätte gern, wie Louison geraten hatte, einen Aufklärungstrupp vorausgeschickt, aber das konnte er sich nicht leisten.
Carlton blickte zurück zum Schloss des Herzogs.
Es war ein unglaublich großes und altes Gebäude. Er erinnerte sich, wie schockiert er gewesen war, als er das erste Mal ein so prachtvolles Gebäude gesehen hatte. Selbst damals hatte er sich gewünscht gehabt, einen Tag früher abzureisen und schneller zurückzukehren. Jetzt, da es Zeit war zu gehen, war er von einem bittersüßen Gefühl erfüllt. Er hatte hier viele Kopfschmerzen und Ärgernisse erlebt, aber trotz allem hatte er sich hier wohler gefühlt als anderswo.
Überall gab es Essen. Der Himmel war immer klar und blau. Allein der Anblick der weiten Felder ließ ihn entspannen und wohlfühlen. Vielleicht waren die Leute aus dem Süden deshalb so entspannt und selbstzufrieden: Da sie ihr ganzes Leben an einem Ort wie diesen verbracht hatten, gab es wohl nicht viel, worüber sie sich Sorgen machen mussten.
Dies wird das letzte Mal sein, dass ich hier bin. Vielleicht hätte ich mich richtig verabschieden sollen.
Er bedauerte es immer noch. Doch es war bereits Zeit zu gehen.
„Lasst uns aufbrechen“, sagte Carlton.
„Jawohl.“
Auf Carltons Befehl stiegen alle auf ihre Pferde. Gerade als Carlton auf sein Pferd stieg, tauchte ein glänzender Haarschopf aus dem Schloss durch den Morgennebel auf. Es war Louison.
„Ach, was für eine Erleichterung. Sie sind noch nicht aufgebrochen.“
Carlton war überrascht von dem unerwarteten Auftauchen des Herzogs. „Ich dachte, wir hätten beschlossen, dass Abschiede unnötig sind?“ Sein Ton war rau, aber seltsam sanft.
„Ah, ich wollte Sie damit um einen Gefallen bitten.“ Louison hielt ihm ein kleines Päckchen und einen Brief hin. Carlton blickte auf seine ausgestreckten Hände, ohne es anzunehmen. „Wenn Sie in der Hauptstadt ankommen, würden Sie das bitte Marquis Natrang übergeben?“
„War Marquis Natrang nicht der ehemalige Oberbefehlshaber?“
„Das stimmt. Obwohl er jetzt nur noch im Ruhestand ist.“
„Auch wenn er im Ruhestand ist, würde sich der Marquis nicht dazu herablassen, einen Mann wie mich zu treffen.“
„Wenn Sie meinen Namen nennen, können Sie ihn treffen. Bitte sagen Sie, dass es ein verspätetes Geburtstagsgeschenk ist, und geben es ihm auf jeden Fall.“
„Bist du extra deswegen aus dem Schloss gerannt?“
„Das ist mir gerade eben eingefallen.“
Carlton runzelte die Stirn. Es kam ihm zu gezwungen vor, sich plötzlich an das Geburtstagsgeschenk eines Bekannten zu erinnern und darauf zu bestehen, dass Carlton sein Bote war. Immerhin konnte der Herzog jetzt einen seiner eigenen Männer schicken. Das würde sich besser auf sein Ansehen auswirken.
Ohne Carltons Gedanken Beachtung zu schenken, fuhr Louison schnell fort: „Marquis Natrang ist ein schlecht gelaunter, aber romantischer alter Mann. Er wird Ihren kriegerischen Geist und Ihr Temperament mit Wohlwollen betrachten. Wenn Sie in die Hauptstadt gehen, suchen Sie nach Leuten wie ihm – nach denen, die die Schrecken des Schlachtfelds kennen und ihren rücksichtslosen Ehrgeiz am meisten zu schätzen wissen.“
„Dann ist dies…“
Das Geschenk und der Brief waren ein Vorwand, um Carlton die Chance zu geben, den Marquis kennenzulernen. Carlton, der die größten Beiträge zum Krieg geleistet hatte, aber den schlechtesten Ruf hatte, besaß weder Titel noch Land.
Wenn er jemanden wie Marquis Natrang treffen wollte, musste er den von Herzog Anness handgeschriebenen Brief verwenden.
In Wirklichkeit war es ein Geschenk für Carlton. Der Söldner hätte nie gedacht, dass er ein solches Abschiedsgeschenk bekommen würde. Er sah Louison misstrauisch an: „Warum hilfst du mir?“
Angesichts seines Handelns hätte Carlton nichts zu seiner Verteidigung zu sagen, wenn Louison einen Groll gegen ihn hegen würde. Als sein Temperament außer Kontrolle geraten war, hatte er sich dem jungen Lord gegenüber schrecklich benommen.
„Wer weiß“, sagte Louison.
Der junge Lord hatte die ganze Nacht nachgedacht und war hinausgerannt, um ihm ein Geschenk zu überreichen – und alles, was Carlton im Gegenzug geben konnte, waren seine Zweifel.
Das war so bezeichnend für Carlton, Louison konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Letzte Nacht, nachdem er mit Carlton gesprochen hatte, war Louison von seinen Ängsten überwältigt gewesen und hatte dauernd an ihn denken müssen. Carltons Eile, zu gehen, ging ihm auch nicht mehr aus dem Kopf.
Warum? Er suchte nach dem Grund, konnte aber erst vor kurzem zu einer Schlussfolgerung gelangen.
„Ich möchte, dass du erfolgreich bist“, sagte Louison.
Vor der Rückkehr hatten Louison und Carlton im Herzogtum Anness beide falsche Entscheidungen getroffen. Carlton war für Louison immer noch eine beunruhigende Existenz im Leben, aber er hoffte dennoch, dass auch Carlton eine andere Zukunft vor sich haben würde.
Wenn sich seine Zukunft ändert, wird sich dann nicht auch Louisons Zukunft ändern?
Es war ein irrationaler und abergläubischer Gedanke, ihre Zukunft hatte nichts miteinander zu tun. Louison würde sich wohler fühlen, wenn der andere sein bestes Leben führen würde. Er musste einen Vorwand schaffen, um zu verbergen, das er die ganze Nacht herumgelaufen war und sich Gedanken um Carltons Zukunft gemacht hatte.
„Beeile dich und nimm es.“ Louison drückte Carlton das Paket in die Hand. Der Söldner starrte Louison ausdruckslos an, während er das Paket hielt.
Carlton hatte in seinem ganzen Leben noch nie etwas so unverfrorenes erlebt. Niemand – weder Eltern, Brüder noch Freunde – hatten sich so etwas getraut.
Wirklich … Es gibt Menschen wie ihn auf der Welt?
Louison überraschte ihn erneut. Der junge Lord war tatsächlich ein Mann, der bis zum Schluss alle Erwartungen übertraf.
Carltons Herz klopfte wie wild. Sein Puls raste, Schauer liefen ihm über den Rücken und sein Gesicht fühlte sich heiß an.
Die Geräusche im Hintergrund schienen sich zu entfernen, alles außer Louison war ausgelöscht. Es kam ihm vor, als wären er und der Herzog die einzigen, die noch auf der Welt übrig waren.
Alle seine Sinne waren auf Louison gerichtet.
Louisons blaue Augen wanderten durch die Luft, bevor sie sich wieder auf Carlton konzentrierten. Der Wind zerzauste sein Haar. Die Augen des Söldners konnten nicht anders, als die leichte Bewegung seines Haares und das blasse Rot seines Gesichts zu betrachten. Louisons leises Lachen, das seine Verlegenheit verbarg, erschütterte sein Herz.
Warum ist das so? Warum rast mein Herz plötzlich? Bin ich nur schockiert?
Carlton war verwirrt.
In diesem Moment riefen Carltons Männer ihm zu: „Hauptmann.“
Als hätte ihn jemand mit kaltem Wasser übergossen, kam Carlton zur Besinnung. Seine Männer und Louison sahen ihn merkwürdig an.
„Wir müssen los.“
„Es scheint, ich habe jemanden aufgehalten, der einen langen Weg vor sich hat. Hab eine sichere Reise.“
Carlton wäre beinahe damit herausgeplatzt, dass es ihm nichts ausmache und er sich weiterhin Zeit lassen könne. Glücklicherweise oder unglücklicherweise kehrte die Logik zurück und er wählte die passenden Worte sorgfältig. Sein Abschied. „……Ja. Pass auch gut auf dich auf, Herzog.“
Louison rannte danach zurück ins Schloss. Die wachsende Distanz zwischen ihm und dem zurückweichenden Rücken des Herzogs war irgendwie so bittersüß. Carlton konnte seine Augen nicht von ihm abwenden. Erst als Louison die Tür schloss, schaffte er es, wieder auf sein Pferd zu steigen und loszureiten. Und selbst dann blickte er immer wieder bedauernd zurück, aber er musste weiter.
Louison wachte mitten am Tag auf, nachdem er den Schlafmangel der vergangenen Nacht nachgeholt hatte. Carlton und seine Männer waren spurlos verschwunden.
Louison war in die Gemächer des Lords zurückgekehrt, welche Carlton übergeben worden waren. In dem aufgeräumten Raum war kein Echo des Söldners zu spüren. Die Sauberkeit war dem Butler und den Dienern zu verdanken, die hart daran arbeiteten, die Gemächer für Louison vorzubereiten, aber die Leere fühlte sich irgendwie ungewohnt an. Louison starrte eine Weile ausdruckslos auf seinen Schreibtisch.
Im ganzen Schloss herrschte eine Feststimmung. Es war der lang ersehnte Tag ihrer Befreiung.
Keine Überwachung der Menschen im Schloss mehr. Keine Einschränkungen ihrer Handlungen mehr. Der Ärger, Fremde dabei zu beobachten, wie sie im Schloss umhergingen, als wäre es ihr eigenes Zuhause, hatte ein Ende. Es bestand kein Grund mehr, mit angehaltenem Atem auf dünnem Eis zu wandeln.
Die weit geöffneten Eingangstore waren wie ein Symbol für das Ende aller Not. Diejenigen, die der offiziellen Eröffnung entgegenfieberten, jubelten.
Als hätte auf der anderen Seite ein Karren mit Weizen auf sie gewartet, kam er herein. Familien und Liebende, die aufgrund unvermeidbarer Umstände getrennt worden waren, kamen unter Tränen wieder zusammen.
Unter einem klaren Herbsthimmel verbreitete sich das Lachen der Menschen im gesamten Dorf.
Carlton, der für seine Grausamkeit bekannt war, hatte eine düstere Todesstimmung verbreitet, als das Herzogtum unter seine Kontrolle gefallen war, doch nach seinem Weggang hatte das Herzogtum nicht viel verloren. Wenige Menschen waren gestorben und die Infrastruktur des Schlosses war intakt geblieben.
Mit dieser Situation war auch die öffentliche Meinung, die zuvor Louisons Kapitulation verspottet hatte, auf den Kopf gestellt worden. Er galt als der kluge Herr, der viel erreicht hatte, indem er seinen Stolz beiseite gelegt hatte. Sie hatten den Herzog von Anness als jemanden gelobt, der anpassungsfähig und Neuerungen gegenüber aufgeschlossen war.
Ohne auf das Gerede der Leute zu achten, führte Louison ein geschäftiges Leben.
Er musste Steuern eintreiben, überfällige Prozesse führen und die Verwaltungsstruktur wieder normalisieren. Die anderen südlichen Lords würden wahrscheinlich Männer schicken, um ihre eigene Sicherheit zu gewährleisten und zu spionieren, also musste er sich darauf vorbereiten. Früher hätte Louison diese Arbeit vielleicht seinen Gefolgsleuten überlassen, aber er, der lernwillig war, machte langsam Fortschritte bei seinen Pflichten.
Er musste es einfach versuchen.
Er war so nervös gewesen, bevor Carlton gegangen war, aber im Laufe der Tage ließ seine Angst nach.
Wie der Heilige gesagt hatte, so sind Menschen faszinierende Wesen – wenn eine Krise naht, werden sie alles tun, was nötig ist.
Louison lobte einmal mehr die Weisheit des Heiligen.
oh man ich kann das nicht mehr mit ansehen. irgendwie tun sich die beiden weh weil keiner merkt was der andere für den andern fühlt.jeder redet sich was ein. luis will im auf seine weise helfen darum der brief und das geschenk an den marquis. es soll im helfen. hach wieso sind die beiden so begriff stuzig. bin schon gespannt wie es nun weiter geht.
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