Es waren Carltons Männer, die die Spannung während dieser bizarren Pattsituation durchbrachen.
„Hauptmann! Hauptmann!!“ Carltons Männer stürmten herbei, als hätten sie stundenlang auf seine Ankunft gewartet.
Carlton war etwas verärgert, als genau in seinem Moment des Sieges eine Ablenkung auftauchte.
„Was?“
Carltons Männer waren an seine unverblümte Art gewöhnt und wichen nicht vor Angst zurück. Stattdessen holten sie tief Luft und sagten: „Der Botschafter vom Anwesen der Vinards ist eingetroffen.“
In diesem Moment richteten alle – der General, der Butler, Louison und Carlton – ihre Aufmerksamkeit sofort auf die Männer.
Unter den südlichen Lords, die den zweiten Prinzen unterstützten, war Vinard das einzige Anwesen, das sich Carlton nicht ergeben hatte. Carlton hatte zum Krieg gerüstet, um sie zu bestrafen, aber der Zeitplan hatte sich durch Louisons Versagen und die anschließende Verteilung der Rationen verzögert. Nach dem ursprünglichen Plan wäre Carlton inzwischen durch ihre Haupttore eingefallen und hätte dem Lord ein Messer an den Hals gehalten.
„Ihr sagt, sie sind jetzt gekommen, um sich zu ergeben?“ Carlton wurde angesichts dieser unerwarteten Umstände ernst.
Es war schon viel zu spät! Es waren bereits Tage vergangen, seit der Heuschreckenschwarm über das Herzogtum hinweggezogen war. Dank der gründlichen Vorbereitung und der Unterstützung des Dorfes, hatte sich der Heuschreckenschwarm in mehrere Gruppen aufgeteilt und stellte keine so große Bedrohung mehr dar.
„Wenn sie sich ergeben wollten, hätten sie das sofort tun sollen. Warum sollten sie jetzt einen Botschafter schicken?“ Louison sah zum General, aber auch dieser schien ratlos.
Carltons Männer fuhren fort: „Aber die Gesandten aus Vinard … Es scheint, dass sie sich in einem seltsamen Zustand befinden.“
„Inwiefern seltsam?“
„Sie behaupten, wir würden sie täuschen – wir würden nur reden und allerlei Chaos stiften. Sie behaupten, sie ‚glauben es nicht‘ und verlangen von uns, den Herzog von Anness herbeizuschaffen.“
„Mich?“ Louisons Augen wurden groß.
„Ja, Sie, Herr Herzog. Sie weigern sich, ein Wort zu sagen, bis der Herzog eintrifft.“
Neben ihm verzog sich Carltons Gesicht heftig: „Ist es Zeit für sie, ins Gras zu beißen? Wenn sie nichts glauben können, dann sollen sie es bleiben lassen. Was gibt es da zu ‚glauben‘? Seit wann sind wir die, die Dinge ausdiskutieren?“
„Haah. Du hast Recht, Hauptmann.“
Carltons rüpelhafte Kommentare brachten seine Untergebenen zum Kichern. Carlton und seine Männer schienen immer gut zueinander zu passen – harmonisch wie immer.
Sollten die Untergebenen zu diesem Zeitpunkt nicht zumindest so tun, als würden sie ihren Vorgesetzten zurückhalten?
Louison musste einschreiten. „Ritter Carlton, beruhigen Sie sich bitte. Warum gehe ich nicht mit Ihnen? Ich frage mich auch, was hier los ist.“
„Nun …“ Carlton schien zögerlich, aber er hatte keine ernsthaften Einwände.
Doch aus unerwarteter Richtung regte sich hartnäckiger Widerstand: „Auf gar keinen Fall.“
Es war der General.
„Auch wenn der Lord von Vinard ein Lord sein mag, ist er im Vergleich zu Ihnen nur ein Vasall. Vielleicht, wenn er persönlich gekommen wäre, um eine Audienz zu erbitten … So wie die Dinge stehen, hat er kein Recht, Ihnen zu befehlen, zu kommen und zu gehen, wie es ihm beliebt.“
„Diese Situation ist sehr seltsam. Mich interessiert auch, was es mit dem Verhalten von Vinards Gesandten auf sich hat.“
Carltons Ziel war es, die südlichen Lords unter dem Banner des ersten Prinzen zu unterwerfen.
Sobald Vinards Kapitulation geklärt und bestätigt war, gab es für ihn keinen Grund mehr, im Süden zu bleiben. Die Mission wäre beendet. Carlton würde dann das Herzogtum verlassen und die Freiheit würde wiederhergestellt werden. Die Fesseln, die die Gefolgsleute und Louison banden, würden verschwinden und alle Macht würde an den Herzog zurückgegeben.
Auf diesen Moment hatte jeder im Herzogtum Anness mit angehaltenem Atem gewartet. Daher war Vinards Weigerung, sich zu ergeben, auch für Louison ein wichtiges Thema.
„Aber…“
„Wenn der General um meine Sicherheit besorgt ist, es besteht kein Grund. Ich habe schließlich Carlton.“
„Das ist auch ein Problem“, grummelte der General.
„Wenn der Botschafter auf seinem Weg ins Herzogtum womöglich in Gefahr geraten war, darf man das nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
„Das stimmt, aber …“ Die Entschlossenheit des Generals ließ unter Louisons Überredungsversuchen etwas nach.
„Hm.“ Carlton war auch nicht gerade geneigt, Louison zu dem Treffen mit den Gesandten mitzunehmen. Als der General sich jedoch seiner Teilnahme widersetzte, kam in ihm der Wunsch auf, sich wie ein grüner Frosch zu benehmen.
„Na gut. Lass uns zusammen gehen.“
„Wirklich?“, fragte Louison.
„Ja. Aber du musst mir versprechen, in meiner Nähe zu bleiben und keinen Ärger zu machen.“
„Bin ich ein Kind?“
„Oder möchtest du doch lieber im Schloss bleiben?“
„Nein! Ich werde keinen Ärger machen. Versprochen.“
Carlton schmunzelte kurz über Louisons schnelle Kehrtwende.
Er hat sich definitiv verändert, dachte Louison.
Er lächelte nicht, als würde er vorgeben, nett zu sein, wie er es früher getan hatte. Seinem Lachen fehlte etwas Schärfe und Sarkasmus. Louison fand, dass der Söldner auch netter geworden war. In den letzten Tagen hatte er also weniger Angst vor Carlton. Louison kannte den Grund für diese plötzliche Veränderung nicht, aber es gefiel ihm.
Ich meine, ich denke, mir geht es in letzter Zeit ziemlich gut. Vielleicht ist Carlton deshalb sanfter zu mir geworden. Haha!
„Dann werde ich ihnen ebenfalls folgen“, drängte der General. Er war entschlossen, die beiden, Louison und Carlton, nicht allein zu lassen.
Louison weigerte sich jedoch, ihn mitzunehmen: „Sie sollen das Schloss bewachen. Der amtierende Herr und der Schlossherr sollten das Gelände nicht gleichzeitig verlassen.“
„Das stimmt. Es gibt keinen Grund für euch beide zu gehen“, mischte sich Carlton ein.
Angesichts dieser Unverschämtheit stieg dem General der Zorn in den Kopf. „Dann sollten Sie zumindest Ihren Diener mitbringen. Rufen wir nach Ruger.“ Der General eilte in das Schloss und versuchte, Louisons Adjutanten zu finden.
Sobald er gegangen war, wandte sich Louison an Carlton: „Lasst uns gehen.“
„Ist es für dich in Ordnung, deinen Adjutanten zurückzulassen?“
„Dieser Kerl versteckt sich wahrscheinlich irgendwo, weil er sich vor seiner Arbeit drückt. Wenn wir auf ihn warten, vergeht vielleicht der ganze Tag.“
„Also gut.“ Carlton setzte Louison auf sein Pferd. Er hatte keine Wahl: Wenn Louison auf seinem eigenen Pferd reiten würde, könnten sie getrennt werden oder der Ritt würde die ganze Nacht dauern. Wenn der General es gesehen hätte, wäre er ohnmächtig geworden, … aber Carlton und Louison gingen, bevor der Mann zurückkam.
Das Schlachtross trug die beiden schnell mit halsbrecherischer Geschwindigkeit den geraden Weg entlang, der zum Tor führte.
Es ging so schnell, dass Louison, der durch verschiedene Sorgen abgelenkt war, eher ankam, als er erwartet hatte.
Als die Wachen bestätigten, dass Carlton anwesend war, öffnete sich das Tor.
Unmittelbar vor den Toren war ein Zelt aufgebaut, in dem bisher alle Gesandten, die sich ergeben hatten, empfangen und abgefertigt worden waren. Die Wachen näherten sich ihrem Hauptmann. Sie waren überrascht, Louison in Carltons Armen zu sehen.
„…Es scheint, der Herzog ist mitgekommen.“
Carlton stieg als Erster ab und hielt den Herzog ganz selbstverständlich mit beiden Händen fest, um ihm ebenfalls beim Absteigen zu helfen. Obwohl die Männer wussten, dass Louison nicht so leicht allein vom Pferd steigen konnte, waren sie dennoch so überrascht, dass sie sprachlos waren.
Was in aller Welt ist hier los??
„Der Botschafter?“
„… Ze-Zelt… Lasst uns hineingehen.“ Carltons Männer führten die beiden mit erstaunten Gesichtern zu ihrem Ziel. Fünf Männer standen im Zelt – vier von ihnen trugen Rüstungen und der andere Kleidung aus weichem Stoff. Er war sofort als der Botschafter zu erkennen, der geschickt worden war, um die Bedingungen der Kapitulation auszuhandeln.
„Ihr. Seid Ihr dafür verantwortlich, die Nachricht der Kapitulation zu überbringen?“, fragte Carlton. Der Botschafter schnaubte und hob den Kopf. Da der Mann saß, sah er zu dem Söldner auf, aber es fühlte sich irgendwie so an, als sähe er stattdessen auf Carlton herab.
Louison konnte genau erahnen, was für ein Mensch er war: ein Adliger, der noch nicht wusste, wie hoch der Himmel war.
„Ihr seid Carlton? Ich bin Bolton, der Erbe und älteste Sohn des Vinard Anwesens. Ich bin der Leiter dieser Gesandten. Man sagt, Ihr seid ein einfacher Mann … wisst Ihr nicht, wie man Adligen Respekt erweist?“
Bolton war tatsächlich durch und durch blaublütig. Er ließ sich von Carlton nicht einschüchtern, sondern provozierte ihn, was das Zeug hielt. Es war klar, dass er die Vorteile, die ihm seine Herkunft bot, genoss, und sich in jeder Situation als absolut überlegen einschätzte.
Carlton machte einen wütenden Schritt nach vorne, erst dann zuckte Bolton zusammen.
„G-gut. Wenn man Sie so ansieht, wirken Sie nicht gerade gebildet. Diesmal werde ich Gnade walten lassen. Warum sprechen Sie nicht mit mir … Ihre Männer haben Unsinn mit mir geredet.“ Bolton versuchte, die Situation unter Kontrolle zu bekommen.
Louison verzog das Gesicht und packte Carlton am Arm – er war sicher, dass der Mann im Begriff war, den Botschafter von Vinard zu töten.
„Es ist alles in Ordnung. Ich werde ihn nicht töten.“
„Es geht nicht ums Töten. Wenn Sie einen Botschafter schlagen, erleiden Sie mehr Ansehensverlust und die Kapitulationsverhandlungen könnten schiefgehen.“
Carltons Gesichtsausdruck wurde etwas weicher, als Louison sich ängstlich an ihn klammerte. Dann bemerkte Bolton Louisons Anwesenheit.
„Oh! Äh! S-seid Ihr nicht der Herzog?!“ Bolton sprang auf und begrüßte Louison demütig. Sein Kopf neigte sich so tief, wie es nur möglich war, fast bis zu den Knien. „Gütiger Himmel, wie geht es Euch, mein Herzog? Ich bin Bolton Vinard. Wir haben uns letztes Jahr kurz beim Neujahrsfest getroffen.“
„Haben wir das?“
„Ja. Wir haben damals sogar über fünf Minuten lang geredet … Wie auch immer, sind Sie den ganzen Weg wegen uns gekommen? Die Großzügigkeit des Herzogs lässt meinen Kopf hängen und mein Herz vor Dankbarkeit überfließen.“ Bolton tat so, als wäre er zu Tränen gerührt, als er vor Louison kniete. Carlton hingegen war sprachlos, als der Erbe von Vinard plötzlich ein völlig anderer Mann zu sein schien.
Auch Louison fühlte sich unwohl, denn er hatte schon lange nicht mehr so unverhohlene Schmeicheleien erhalten.
Allein schon an seiner Art zu sprechen, scheint er in Ordnung zu sein.
Äußerlich schien es keine großen Schwierigkeiten gegeben zu haben. Die Kleidung des Botschafters war nach der langen Reise schmutzig und sein Gesicht war von Müdigkeit gezeichnet. Aber er schien nicht viel gelitten zu haben – vielmehr schien die Reise ziemlich reibungslos verlaufen zu sein.
„Hören wir mit dem sinnlosen Gerede auf. Und jetzt sagen Sie mir, warum haben Sie so ein Aufhebens gemacht und meine Anwesenheit verlangt?“
„Was soll das heißen, Aufhebens? Wie konnten wir es wagen, Ärger zu machen? Wir waren einfach so frustriert und empört über die Ungerechtigkeit des Ganzen, dass wir einfach ein wenig lauter wurden.“
„Was ist so ungerecht?“, fragte Louison. Gleichzeitig starrte Bolton wütend auf Carlton, konnte aber vor dem Herzog nicht offen seine Feindseligkeit zeigen, also hielt er sich zurück.
Info:
Wenn man sich wie 'ein grüner Frosch' benimmt, dann ist man im Grunde wie ein Querulant. Man möchte das Gegenteil von dem tun, was andere sagen.
der arme general er schaft es irgendwie nicht die beiden zu trennen egal was er versucht. jetzt ist also der bote angekommen obwoll es schon zu spät ist . carlton kann sich fast auch wie ein kind handeln wenn die älternen was sagen das man etwas anderes macht genau wie beim general und mit dem herzog xd. aber wieso kommt der bote so spät erst. wieso ergeben sie sich jetzt erst. man kann sehen das der bote nichts für carlton übrig hat. aber wie er luis behandelt ist ja auch extrem. ausgerechnet der bote ist ein adliger,mal schauen was noch passiert.
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