Kapitel 33

Ah, ja. Es ist gut gelaufen, dank meiner Vorfahren.“ Bescheiden erzählte Louison Carlton, wie sehr ihm sein Urgroßvater geholfen hatte. Irgendwie kamen ihm die Worte leicht über die Lippen. „Wie Sie gesagt haben, habe ich alles meinen Vorfahren zu verdanken.“

Das ist …“, stotterte Carlton unnormal für ihn.

Louison schenkte dieser Merkwürdigkeit keine Beachtung und fuhr fort: „Jedenfalls denke ich darüber nach, zum Dorftplatz zurückzukehren. Ich muss den Leuten zeigen, wie man die 'vergrabene alte Hexe' am besten zubereitet und isst.“

Wird alles gut gehen?“

Ich werde gut zurechtkommen. Wenn es eine Sache gibt, die ich gut kann, dann ist es essen.“

Wird das nicht gefährlich sein? Werden die Ritter dich begleiten?“

Na ja, da der Karren eskortiert werden muss, … vielleicht einer?“

„…….“

Carltons Worte drangen nicht in Louisons Bewusstsein. Wäre Carlton ein bisschen mitfühlender gewesen, hätte er vielleicht ein paar Tränen über den bemitleidenswerten Herrn vergossen, der scheinbar alles allein machte. Stattdessen runzelte Carlton missbilligend die Stirn.

Dann gehe ich mit dir ins Dorf.“

„…Warum wollen Sie das tun?“, fragte Louison überrascht.

Ich werde nur zuschauen. Erwarte keine Hilfe.“

Also kommt er nicht mit, um zu helfen?

Wenn Carlton ihn begleitete, konnte der ihm zugeteilte Ritter andere anfallende Arbeiten erledigen.

Louison starrte den Söldner an. Seine stolzen Augenbrauen und die hohe Nase unter seiner gerunzelten Stirn waren ziemlich auffällig – sie gaben ihm ein attraktives Aussehen. Louison hatte nicht oft Zeit, seine schönen Züge zu bewundern, denn Carlton sah immer so aus, als würde er jeden brutal ermorden wollen.

Häh?

Als Louison darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass Carltons Blick in letzter Zeit weniger blutrünstig gewirkt hatte. Irgendwie schien sein wilder Geist sanfter geworden zu sein, und der Mann sah nicht mehr ganz so furchteinflößend aus. Vielleicht konnte er ihm deshalb so entspannt ins Gesicht sehen. Früher hätte Louison den Blick gesenkt.

Kein Wunder, dass die Unterhaltung so leicht fließt.

Es war das erste mal, dass er sich von dem Söldner nicht so bedroht fühlte.

Louison war schockiert über diese Leichtigkeit.

Carlton sagte unverblümt: „Gibt es einen Grund, warum ich nicht mitkommen sollte?“

Sie sind ein bisschen…“, was konnte Louison nur sagen?

Warum fragst du mich das auf einmal? Du bist so freundlich geworden, aber warum bin ich so angespannt?, dachte der Herzog.

Wenn es dir nicht gefällt, dann geh alleine.“

Nein, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich begleiten würden.“ Louison schluckte die Zweifel in seinem Herzen hinunter. Er war nicht dumm genug, eine gute Gelegenheit durch sinnlose Fragen zu verderben. Außerdem hatte er das starke Gefühl, dass er diese Fragen nicht aussprechen sollte.

Bald darauf stieg Louison in einen Karren, der die 'vergrabenen alten Hexen' enthielt. Neben ihm ritt Carlton auf seinem Pferd.

Die beiden kamen auf dem Marktplatz an, und der junge Herr begann schnell, die Dorfbewohner über die neue Ernte zu informieren. Als er ihre Aufmerksamkeit erregte, begann er, eine der Wurzeln zu kochen, um sie an dieser Stelle zu verspeisen.

Die Reaktion der Dorfbewohner war nicht sehr positiv. Einige Leute waren wütend, weil sie Schweinefutter essen sollten. Die Stimmung wurde bald aufrührerisch, aber Carlton spielte seine Rolle gut.

Carlton stand neben Louison und blickte mit vor der Brust verschränkten Armen über die Menge. Allein diese imposante Gestalt hielt jeden davon ab, weiterzugehen. Selbst ohne Waffe wirkten sein starker Körper und seine großen Unterarme bedrohlich genug. Für die Dorfbewohner hätten seine Muskeln durchaus eine eiserne Rüstung sein können. Außerdem war der Mann für seine brutale Natur bekannt. Seine Ausstrahlung, wie die eines wütenden Stiers, war überwältigend genug, um die Köpfe der Dorfbewohner zu beugen.

Dank dieser Unterstützung konnte Louison die 'alten Weiber' in aller Sicherheit kochen. Die Wurzel – ein Überbleibsel aus einer Zeit des Kampfes – war immer köstlich.

Da Louison vor den Augen der Dorfbewohner stolz begann, die 'alte Hexe' zu verspeisen, konnten sie nicht mehr protestieren. Damit war klar, dass es sich nicht um einen Scherz handelte. Louison erklärte sogar öffentlich, dass er für einige Zeit nur noch Speisen aus den 'vergrabenen alten Hexen' essen werde.

Während Louison sich weiterhin bemühte, wurden im Schloss Karren mit Vorräten beladen.

Da die Verteilung in einer Situation dringend durchgeführt werden musste, in der es an Arbeitskräften und Nahrung mangelte, ging es nur langsam voran. Dank Louisons Bemühungen auf dem Dorfplatz konnten die Menschen jedoch beruhigt und ermutigt werden. Die Dorfbewohner warteten geduldig auf ihr Essen und vertrauten darauf, dass ihre Adligen ihnen helfen würden.

So vergingen drei Tage der Rationierung.

Morgens stand Louison auf und machte sich auf den Weg in das Dorf. Als er auf dem Marktplatz ankam, hatten sich die Dorfbewohner bereits versammelt.

Egal, wie nahe das untere Dorf am Schloss des Herzogs lag, die Dorfbewohner würden nicht so leicht noch einmal die Chance bekommen, den jungen Herrn direkt vor ihren Augen zu haben. Sie hatten sich alle versammelt, als sie hörten, dass Louison vorhatte, jede Mahlzeit auf dem Platz einzunehmen. Da Louison eine größere Menschenmenge vorzog, um Interesse für die neue Ernte zu wecken, nahm er die Aufmerksamkeit ruhig in Kauf.

Auf dem Marktplatz wurden eigens für Louisons Vorführung Tische aufgestellt. Als der Herzog am Tisch saß, brachten die Diener nach einem Moment die 'vergrabenen alten Hexen', die im Feuer geröstet worden waren.

Mit Gabel und Messer löste Louison geschickt die dicke Schale ab und aß das weiche Fruchtfleisch der Wurzel.

Oh!? Er isst es tatsächlich?“

Hab ich dir das nicht erzählt? Er isst seit drei Tagen nichts anderes und es geht ihm gut. Können wir nicht auch etwas davon haben? Auf dem freien Grundstück dort drüben gibt es jede Menge davon.“

Die Dorfbewohner murmelten, während sie Louison zufrieden beim Essen zusahen. Ein junger Mann aus der Menge trat wie besessen vor und fragte: „Entschuldigen Sie, mein Herr. Könnte ich versuchen …?“

Louison sah auf den ersten Blick, dass der junge Mann am Verhungern war. Seine sonst so kräftigen Gliedmaßen hatten keine Kraft mehr und er konnte seinen Blick nicht von den dampfenden 'alten Hexen' abwenden.

Natürlich.“ Louison spießte eine der gerösteten Wurzeln auf und hielt sie dem jungen Mann hin. Der junge Mann zögerte, da er sich an die angeborene Abneigung erinnerte, die er gegenüber der hässlichen Wurzel empfand, aber letztendlich war er zu hungrig, um abzulehnen. Der Mann hatte das Mehl und die anderen Waren verwendet, um seine jüngeren Geschwister zu ernähren, aber es war nicht genug übrig geblieben, um seinen eigenen Bauch zu füllen.

Geschält sieht es doch gar nicht so schlimm aus, oder?“, fragte Louison freundlich.

Das ist richtig….“

Die 'vergrabenen alten Hexen' rochen würzig und köstlich – der Geruch konnte einen sogar dazu verleiten, auf Steinen zu kauen.

Der junge Mann schloss die Augen und steckte sich die 'alte Hexe' in den Mund. Ein süßerer Geschmack, als er sich je hätte vorstellen können, fesselte seine Zunge. Die Zurückhaltung in seinem Kopf sank angesichts der lockeren sahnigen Struktur, die einen Kontrast zu seiner abscheulichen Außenseite bildete. Augenblicklich aß der junge Mann schmatzend alles auf, was Louison ihm angeboten hatte.

Setz dich hierher und iss, bevor du gehst. Es ist genug da, also iss dich satt … und nimm etwas mit.“

Danke mein Herr.“

Der junge Mann setzte sich an den Tisch. Von seinem Mut motiviert, zeigten noch ein paar Dorfbewohner Interesse an der 'alten Hexe'. Louison erlaubte auch ihnen, an den Tisch zu kommen.

Der Sohn eines Bauern, der nach der Auflösung der Armee im Dorf gefangen war, die Erbin des Leinenladens, ein alter Mann, der das Schloss überraschend besucht hatte … und der Herzog von Anness.

Normalerweise wäre es unmöglich, dass alle an einem Tisch sitzen und gemeinsam essen – das Bild hinterließ einen starken Eindruck in den Köpfen der Menschen.

Carlton war unwillkürlich von Bewunderung ergriffen. Als er gesehen hatte, wie der Lord mitten in der Nacht im Boden gegraben hatte, hatte er gedacht, Louison sei verrückt. Aber es war ihm gelungen, die Vorurteile zu überwinden, die sie gegenüber dieser abscheulichen Wurzel hatten …

Er hatte eine so harte Kindheit. Er verdient es, die Situation zu genießen …

Louison schälte die 'alte Hexe' mit Messer und Gabel und verteilte die geschnittenen Stücke auf den Tellern der anderen. Ein hartnäckiges, aber subtiles Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Dasselbe galt für Carlton. Wenn das Vorurteil eines schäbigen Aristokraten wegfiel, konnte er Louisons verschiedene Gesichter besser einschätzen. Wenn er sich den scheinbar gleichgültigen Ausdruck genau ansah, konnte er unterscheiden, wann Louison keine anderen Gedanken hatte und wann er mit entschlossenem Willen etwas plante. Wenn er hungrig war, sah der Herzog grimmig aus. Als Gegenteil, sein sattes Gesicht wurde hell und schmachtend, wie das einer schläfrigen Katze. Obwohl er am glücklichsten aussah, wenn er satt war, erschien derselbe Ausdruck, wenn er die hungrigen Dorfbewohner fütterte und ihnen beim Essen zusah.

Der Herzog wäre vielleicht ein guter Regent gewesen, wenn seine Gefolgsleute nicht so intrigiert hätten.

Egal, was passierte, es würde überall Machtkämpfe geben. Carlton sah Louison mit einer Mischung aus Mitleid und Trauer im Herzen an.

Zwei Diener beobachteten Carlton bedeutungsvoll. Einer von ihnen sagte zu der Magd, die die 'alten Hexen' im Feuer umdrehte: „Siehst du, Ritter Carlton kann seine Augen nicht von unserem Herrn abwenden.“

Die Magd warf den beiden einen verstohlenen Blick zu und nickte: „Du hast Recht. Schau dir seine Augen an. Sein Blick ist nicht normal.“

Siehst du, ich habe Recht! Die Gerüchte sind wahr!“

Als die Krise Anzeichen von Hoffnung bot, stieg Louisons Ansehen ins Unermessliche. Seine Leistungen, die von seinen Kritikern abgewertet worden waren, wurden nun neu bewertet.

Helles Licht bringt jedoch dunkle Schatten mit sich.

Da jede Bewegung von Louison Aufmerksamkeit erregte, begannen die Bediensteten, verdächtige Gerüchte zu verbreiten.

Es begann mit Carltons Männern. Sie fragten sich, ob Carlton und Louison einen kurzen, aber intensiven Moment der Leidenschaft miteinander verbracht hatten. Einer der Diener des Herzogtums hatte ihr Gespräch jedoch belauscht gehabt. Geschichten verbreiteten sich von Mund zu Mund, von Freund zu Freund. Natürlich war jeder von der Glaubwürdigkeit dieser Gerüchte nicht überzeugt, aber Carlton selbst schürte das Feuer, indem er Louison überallhin folgte und die Ausrede vorbrachte, er würde nur 'über den jungen Lord wachen'.

Carlton hat Louison um seinen Körper gebeten und dafür die Rationen freigegeben!

Carlton macht romantische Jagd auf Louison!

Dies waren die beiden Hauptpunkte des Gerüchts. Viele wurden ermahnt, ruhig zu sein, aber die Natur von Gerüchten ließ sich nicht stoppen. Nichts konnte für immer geheim bleiben. Die Gerüchte verbreiteten sich unter den Bediensteten und gelangten schließlich ans Ohr des Butlers, der dem General mitteilte, was er gehört hatte.


~ Ende Teil 3 ~




1 Kommentar:

  1. er zeigt es ihnen und langsam glauben sie es auch das man das essen kann. wenn es so weiter geht werden sie bald nicht mehr hungern müssen. und das carlton auch sanfter wurde ist schön aber das man gerüchten glaubt das sie nur so von reden hörten. jetzt kommen diese gerüchte auch zum general was wird dann nur wieder los sein. es bleibt spannend ,herrlich.

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