Im Bruchteil einer Sekunde war Ruger neben Louisons Pferd angekommen. Als edler Adjutant war er ein ausgezeichneter Reiter. „Ich werde an deiner Seite sein und meinem Herzog beistehen. Die Straße wird eben sein. Du wirst es schaffen.“
„In Ordnung, ich vertraue dir…“
Die Gruppe begann aufzubrechen.
„Lass uns einfach langsam den anderen folgen. Was kann schon schiefgehen?“ Louison holte tief Luft und gab seinem Pferd die Sporen.
Louison war nicht bewusst, wie schwer es war, der Gruppe im vollem Galopp zu folgen!
Sie wurden mitten in einem Dorf zurückgelassen.
Nur Louison und Ruger blieben auf der Straße. Carlton und der Rest der Gruppe waren längst am Horizont verschwunden.
Louison war zurückgelassen worden, bevor er und sein Begleiter das Gebiet überhaupt verlassen hatten.
„Haaaah…“ Louison stieß einen langen Seufzer aus.
Ruger sah Louison an, als wäre er mit seinem Latein am Ende. Auch Louison konnte nur noch mehr seufzen, da er keine einfache Lösung hatte.
War ich… wirklich so schlecht im Reiten…?
Anfangs ging es noch.
Die Gruppe war langsam aufgebrochen. Louison war ziemlich unsicher gewesen, aber er hatte folgen können. Aber vielleicht war jeder so aufgeregt, das Schloss nach so langer Zeit der Untätigkeit zu verlassen? Oder lag das Problem darin, dass es auf dieser offenen Straße keine Hindernisse gab?
Carlton und seine Männer hatten allmählich ihre Geschwindigkeit gesteigert. Nachdem sie eine Minute lang geritten waren, hatten ihre Pferde zu galoppieren begonnen.
Louison, als schlechter Reiter, war nicht in der Lage gewesen, mit diesen geschickten Kriegern mitzuhalten.
Sie mussten ihnen irgendwie folgen. Louison hatte keinen Zweifel daran, dass Carlton einen Weg finden würde, an ihm etwas auszusetzen … aber – und das war das größere Problem – er war verlegen!
Gedanklich war Louison schon bei der Truppe, aber sein Können reichte nicht dafür.
In ihm brodelte die Frustration. Louison hatte seine Wut auf sein Pferd gerichtet und versuchte, es mit höflichen, aber knappen Worten in Bewegung zu setzen. Das verärgerte Pferd weigerte sich jedoch.
„Bitte, Pferd. Warum tust du das? Können wir nicht schnell los? Hmm?“ Louison schüttelte die Zügel und stemmte seine Fersen in die Seiten. Er tat alles, aber sein Pferd schnaubte nur verächtlich.
Gleichzeitig verschwanden Carlton und seine Männer weiter in der Ferne. Louison rief ihnen aufgeregt nach, doch seine Stimme ging im Klappern der Hufe unter. Niemand drehte sich um – Louison war sicher, dass er vergessen worden war.
Ruger vergaß seine Pflicht nicht und blieb an der Seite seines Herrn.
„Komm schon, du bist doch ein gutes Pferd, oder? Wirst du dich für uns bewegen?“ Ruger stieg ab und versuchte, Louisons Pferd zu überreden. „Ich glaube nicht, dass das klappt. Es rührt sich nicht. Das Pferd ist unheimlich aufgeregt.“
„Aber es hieß, es sei das sanftmütigste Pferd im Herzogtum …“
„Das ist richtig….“
„Ich schätze, selbst ich wäre verärgert, das Ross eines so unfähigen Reiters zu sein.“ Louison seufzte erneut. Ruger machte sich weiterhin Sorgen und äußerte seine Bedenken – kein einziger Schweif von Carltons Pferden war mehr zu sehen.
„Was sollen wir tun?“, fragte Ruger.
„Was können wir tun? Selbst wenn wir laufen, müssen wir ihnen irgendwie folgen.“ Wenn sie weiter auf dieser Straße ritten, würde Carlton vielleicht ihre Abwesenheit bemerken und zurückkommen, um sie abzuholen. Oder wenn die Kavallerie ohne sie weiter in das Vinard-Gebiet ritt, wäre Louison dankbar.
Jedenfalls war es wichtig, den Eindruck, den er zu vermitteln versuchte, aufrechtzuerhalten. Louison musste zeigen, dass er nicht absichtlich zurückgefallen war. Außerdem hatte es keinen Sinn, mitten in einem Dorf stehen zu bleiben.
Louison stieg von seinem Pferd.
Das freche Pferd beruhigte sich außerordentlich schnell, sobald Louison abgestiegen war. Es folgte Ruger brav, als dieser die Zügel übernahm.
Louison, Ruger und ihre beiden Pferde begannen, die malerische Straße entlang zu gehen.
Jetzt, wo ich darüber nachdenke, war ich seit meiner Rückkehr nicht mehr außerhalb des Schlosses.
Louison war damit beschäftigt gewesen, das Schloss und seine Umgebung zu umrunden und Besorgungen für Carlton zu machen. Sogar als er sich in jener schicksalshaften Nacht ergeben hatte, hatte Louison den Waldweg gewählt und das Dorf gemieden.
Es ist lange her, dass ich das Dorf gesehen habe … ich dachte, ich würde es nie wiedersehen.
Das Dorf unterhalb der Burg war verschwunden gewesen, als das Herzogtum niedergebrannt worden war. Obwohl Louison lange weg gewesen war, war die Erinnerung an sein Heimatdorf noch immer lebendig in seinem Kopf gewesen.
Das ist doch der Blumenladen, oder? Und daneben ist der Tabakwarenladen? Ich glaube, hier in der Nähe gibt es auch einen Gemüsehändler …
Louison, in Sehnsucht versunken, suchte den Blickkontakt mit einer Frau, die am Fenster eines zweistöckigen Gebäudes stand. Sie grüßte Louison nicht und versteckte sich auch nicht vor ihm. Sie starrte ihn nur an. Vielleicht lag es an ihren tiefliegenden Augen, dass ihr Blick ziemlich durchdringend war.
Wer ist sie?
Louison kannte diese Frau nicht. Er hatte in der Hauptstadt eine ziemlich aufregende Romanze hinter sich gehabt, aber auf dem Anwesen hatte er noch nie eine Partnerin gefunden gehabt. Ihr durchdringender Blick ließ ihn jedoch ins Stocken geraten.
Louison bemerkte das seltsame Gefühl der Disharmonie, das in der Luft lag. Er war von Nostalgie erfüllt, aber als sich sein Geist wieder klärte, war ihm klar, dass etwas definitiv nicht stimmte.
Warum ist es so still?
Die Hauptstraße, die die äußeren und inneren Dorfteile verband, war eine der belebtesten Orte des Dorfes gewesen. Schon immer war es hier voll von Menschen, Pferden und Wagen gewesen. Doch jetzt war es zum ersten Mal in Louisons Leben ruhig.
Auf der Straße war kein Mensch zu sehen – außer Louison und Ruger war niemand da. Unglaublich,… selbst wenn das Tor versiegelt wäre, würden immer noch Menschen im Dorf leben. Louison konnte jedoch keinerlei Lebenszeichen hören. Das Dorf wirkte wie eine verlassene Geisterstadt.
Was……?
Während Louison in seiner Angst schwelgte, sagte Ruger, der dicht neben seinem Herrn blieb, grimmig: „Mein Herzog, es wäre das Beste für uns, auf die Pferde zu steigen.“
„Wieso?“
Ruger blickte in die Ferne. Louison folgte vorsichtig seinem Blick und sah eine kleine Menschenmenge.
Die Menschen, die sich in den Gassen oder in ihren Häusern versteckt hatten, kamen einer nach dem anderen hervor und näherten sich Louison. Sie waren kraftlos und ihre Gesichter waren mit Schmutz verkrustet. Ihre Wangen waren hager – wie wandelnde Leichen. Jedes verzweifelte Auge war blutunterlaufen. Louison war entsetzt.
„Was ist mit diesen Leuten passiert?“, murmelte er.
Das Anness-Gebiet war reich. Auch gewöhnliche Dorfbewohner konnten an Gewicht zulegen und eine geschmeidige Haut haben. Ihr Aussehen strahlte die Großzügigkeit des Lebens aus. Vor allem die Dorfbewohner der Schloßstützpunkte führten ein besonders wohlhabendes Leben, da sie sich in der Nähe des Schlosses des Herzogs befanden. Normalerweise waren es Menschen, die ihr Leben lang ohne Hunger gelebt hätten.
Obwohl das Dorf unter Quarantäne gestellt worden war, war bis zum Winter noch genügend Zeit. Außerdem sollte die kalte Jahreszeit kein Problem darstellen, da das Dorf im Voraus Nahrungsmittelvorräte angelegt haben sollte.
Einer der Dorfbewohner trat vor und fragte: „Mein Herr … Sie sind der Herzog, nicht wahr?“
Louison wollte nichts bestätigen.
Die Stimmung ist besorgniserregend …
Er fragte sich, ob ein Aufstand ausbrechen würde. Die Gesichter der Dorfbewohner schienen alle voller Wut zu sein. Es wäre besser, sich unauffällig zu verhalten und zu fragen, was passiert sei.
Während Louison seine Worte sorgfältig wählte, trat Ruger vor. Er legte schützend einen Arm um seinen Herrn und schrie die Leute an.
„Das stimmt. Dieser Mann hier ist Louison, der Herzog von Anness! Wie kannst du es wagen, ihm den Weg zu versperren, wenn du das weißt?!“
… Verrückter Ruger! Halt die Klappe!, geriet Louison in Panik.
„Bitte mache dir keine Sorgen, mein Herr. Jetzt, da sie wissen, dass du der Herzog bist, werden sie dir aus dem Weg gehen.“
„Nein, nein. Das Problem ist, dass du meine Identität preisgegeben hast!“ Louison ließ den Kopf in die Hände sinken.
„Es ist der Herr.“
„Der Herr ist hier!“
„Der Herr kam aus seinem Schloss!“
Durch den Aufruhr angelockt, versammelten sich innerhalb kürzester Zeit weitere Menschen. Die Menge war so einschüchternd, dass Louison sich dichter neben Ruger stellte.
„Was wollt ihr?!“, rief Ruger empörten aus.
„Wir sind aus dem Dorf! Wir haben eine Forderung an den Herrn!“
„Wir müssen etwas fragen!“
Ruger lehnte alle Anfragen mit einem einzigen Schlag ab: „Wenn ihr Fragen habt, befolgt die entsprechenden Formalitäten!“
Louison hatte nicht einmal die Chance, die Menge zu beruhigen und ihnen zuzuhören.
„Formalitäten? Verfahren?“
„Selbst wenn wir sie befolgen, hört ihr uns überhaupt nicht zu!“
„Habt ihr die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, als ihr unsere Kornkammer und Lagerhäuser ausgeraubt haben?“
Louison war geschockt. „Wartet, was? Was sagt ihr da?“, fragte er.
Auf seine Worte hin machten Dutzende Menschen ihrem Unmut Luft. „Gebt uns zurück, was ihr uns genommen habt!“
„Alle Getreidevorräte sind weg! Die verteilten Rationen sind verschwunden und wir dürfen das Gelände nicht verlassen? Sollen wir sterben?!“
„Außerhalb des Schlossgeländes sind die Felder mit Weizen beladen, doch im Dorf herrscht Hunger und Kampf um jeden Krümel!“
Der Himmel erbebte unter den lauten Schreien von Wut und Groll der Dorfbewohner. Mehr Geschrei mischte sich mit Tränen. Die vielen Stimmen vermischten sich und erzeugten ein verwirrendes Durcheinander.
„Was sagen sie? Sie verhungern? Wie können sie verhungern? Warum?? Was sagen sie, was wir genommen haben? Und wie sieht die Verteilung aus?“ Louison war verwirrt.
Was war zu dieser Jahreszeit mit dem Dorf geschehen? Was war nach dem Krieg geschehen?
Louison konnte sich nicht erinnern. Oder genauer gesagt, Louison hatte es nicht vergessen, aber diese Details waren in der Zukunft verloren gegangen.
„Erzählt mir bitte langsam die Einzelheiten. Ich… ich weiß nichts…“, sagte Louison.
Ruger hinderte Louison jedoch daran, weiterzugehen: „Bitte bleib ruhig, mein Herzog. Es ist gefährlich. Ich werde mich darum kümmern. Du musst dich nicht direkt mit diesen Raufbolden auseinandersetzen.“
„Was? Hast du uns gerade Raufbolde genannt?“ Ein sehr wütender Mann stürzte sich auf Ruger und packte ihn am Kragen, aber Ruger überwältigte ihn einfach und warf ihn nach vorne. Ein gewöhnlicher, hungernder Dorfbewohner war einem edlen jungen Mann, der in Kampfkünsten ausgebildet war, nicht gewachsen.
Ruger, wütend über die Bedrohung durch die Stadtbewohner, hob schließlich seinen Bogen. Er zielte auf den Mann am Boden.
„D-das ist verrückt!“ Louison geriet in Panik und packte schnell Rugers Arm.
„Halte mich nicht auf! Wie können diese einfachen Leute es wagen, den Adel anzugreifen!“
„Rede keinen Unsinn und senke deinen Bogen! Das sind meine Leute!“ Louison gelang es, Ruger die Waffe abzunehmen, aber es war zu spät.
„Der Diener des Herrn hat versucht, die Menschen dieses Landes zu töten!“
„Nein, beruhigt euch!“ Doch nun hörte niemand mehr auf Louison. Die Geduld der Menge, die wie eine Sehne gespannt war, war endgültig gerissen.
Rugers Verhalten löste eine unkontrollierbare Wut aus.
Die Menge war aufgeregt und verlor jegliche Vernunft. Die Situation war augenblicklich außer Kontrolle geraten.
hahaa das gibt es nicht sie haben in vergessen und zurück gelassen weil er nicht nach kamm und sein pferd mach auch nur das was es will. mitten in dorf und die leute die kommen sehen alle so hungrig aus. ruger verrät auch noch das er der herzog ist und schon stellen sie im alle fragen. doch wieder macht ruger etwas so das die bewohner immer aufgeregtrer und böser werden. ob die da heil aus dieser sache raus kommen und ob carlton merk das er was verloren hat?
AntwortenLöschenIch mag Ruger nicht. Hält er sixj als Diener wirklich für etwas so viel besseres, versteht er es nicht oder macht er es mit Absicht?🤔
AntwortenLöschenFreue mich schon auf das nächste Kapitel. Hoffe meine Haare werden bis dahin nicht zu grau.^^